Montag, 07. November 2016, 15:52 Uhr
Der Ziegenbock, das Maskottchen von Wülfingerode (Foto: R. Englert)
Wenn Montagmittag um 13 Uhr die Glocken für einen Gottesdienst läuten, dann ist das schon eine merkwürdige Zeit. Nicht für die Wülfingeröder Kirmesgesellschaft – für sie hat der Montag in der Kirche Tradition. Lausig kalt ist es in der St.-Elisabeth-Kirche, als die Gesellschaft einzieht. Doch sie scheinen es nicht zu merken. Über 30 Gottesdienstbesucher haben sich eingefunden – an einem Montagmittag! Die wenigsten von ihnen sind Kirchenmitglieder, aber Tradition ist eben Tradition. Feiern können sie gut in Wülfingerode. Die Feststimmung liegt noch in der Luft. Vielleicht ein bisschen müde sind sie nun, der Kreislauf arbeitet noch auf Sparflamme. Doch sie sind da.
Pfarrer Michael Blaszcyk aus Bleicherode predigt ganz anschaulich von Möhren- und Spargelmenschen, die, so unterschiedlich sie sein mögen, doch vor Gott alle gleich sind. Der örtliche Pfarrer Werner Heizmann sitzt derweil an der Orgel und unterstützt die Gemeinde beim Gesang. Während der Vorsitzende des Kirchbauvereins, Stephan Domann, ganz in seinem Element ist. Traditionen zu bewahren, das liegt ihm am Herzen und so bedankt er sich auch bei dem neuen und dem ehemaligen Kirmesschulzen für ihren Dienst.
Lässt man sich die Kirmesbräuche erklären, dann hört man Begriffe wie – Stiefeltrinken (2,5l Bier), senile Kirmesburschen (dazu muss man sich selbst erklären), Heilig Abend (der Freitag vor der Kirmes) und eben Kirmesschulze. Das ist sozusagen der Bürgermeister Wülfingerodes für das Kirmeswochenende, er organisiert auch die Veranstaltungen im kommenden Jahr. Was macht der Kirmesschöffenverein denn so außerhalb der Kirmes, fragt man sich. In einem kleinen Dorf wie Wülfingerode, in dem noch alle Vereine das Leben des Dorfes gemeinsam gestalten, sind das zum Beispiel das Oster- und das Maifeuer. Doch auch wenn es um die Kirche geht, sind sie dabei. Beim letzten Arbeitseinsatz, als das Gelände rund um die Kirche nach der Brückensanierung neu gestaltet werden musste, packten sie kräftig mit an. Rund 50 Menschen kamen – Freiwillige Feuerwehr, Kirmesburschen, Chormitglieder und der Kirchbauverein. Frisch und aufgeräumt sieht es nun aus, nichts verdeckt mehr den Blick auf die Kirche.
Nino Pabst war bis zum Freitag vor der Kirmes Schulze in Wülfingerode, der neue ist Kevin Hinneburg. Hinneburg hat nun die Ehre und Aufgabe, das 160-jährige Kirmesjubiläum im nächsten Jahr vorzubereiten. Für alle gut erkennbar, ist das Datum 1857 sternförmig vor der Kirche in den Boden gepflastert. Anders als in vielen Gemeinden, feiert man in Wülfingerode die Kirmes nicht zum Kirchweihtermin, sondern im Jahr der Grundsteinlegung der neuen Kirche.
Seit rund 15 Jahren haben die Kirmesburschen in Wülfingerode sogar ein eigenes Kirmesburschenzimmer in der Kirche. Im Raum links oberhalb des Altarraumes finden sich viele historische Bilder, ein alter Schulzenstab und Fahnen. Ein Ort, der an die lange Tradition des Vereins erinnert. Ihm gegenüber wird die Gemeinde 2017 das Lutherzimmer einweihen. Überhaupt gibt es im nächsten Jahr viel zu feiern – 20-Jahre Kirchbauverein, 160 Jahre Kirmes und eben auch 500 Jahre Reformation. Aber feiern können sie ja in Zeinsbockrode.
Das nächste Fest ist übrigens der Martinstag. Am 10. November, um 18 Uhr, wird der Martin samt Pferd in die Kirche einreiten.
Regina Englert