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Wolfsalarm

Sonntag, 22. Oktober 2017, 07:45 Uhr
Jedes Jahr im Sommerloch kommen die Wölfe heraus aus ihren Löchern und finden den Weg auf die Titelseiten der Zeitungen. Wir diskutieren darüber, wie gefährlich sie für Mensch und Tier sind, und, ob es geradezu widernatürliche Unzucht ist, wenn sich eine Wölfin mit einem entlaufenen Haushund paart. Da werden Urängste angesprochen, die spätestens in uns wohnen, seit uns Großmutter einst Grimms Märchen vorlas. Wir sind wohl alle verwandt, mit Rotkäppchen und den sieben Geisslein.

Ein Raubtier, mitten in unserer Kulturlandschaft? Dieser Gedanke fasziniert die einen – und ängstigt die anderen. Ich will mich hier an dieser Diskussion nicht beteiligen, aber doch erinnern an das schöne alte Sprichwort: „Homo homini lupus est - der Mensch verhält sich dem Menschen gegenüber wie ein Wolf.“
Wir beziehen das gerne auf das tägliche fressen und gefressen-werden in Politik und Wirtschaft, auf Revierstreitigkeiten und den Kampf um die besten Brocken. Wir beobachten unter uns Wölfe im Schafspelz und oft genug aus ausgemachte Schafe im Wolfspelz.

Inzwischen wissen wir, dass Wölfe nicht nur Raubtiere sind, sondern durchaus soziale Wesen, die in Familienverbänden zusammenleben und durchaus zu gegenseitiger Fürsorge fähig sind.
So ist das ja bei uns Menschen auch. Wir sind fähig zu wunderbaren Dingen, genauso wie zu unvorstellbaren Grausamkeiten. Es ist an uns, zu entscheiden, was wir unsern Mitmenschen sein wollen: Raubtier oder Mensch im besten Sinne des Wortes.

Und die Wölfe draußen in der Natur? Vom heiligen Franz von Assisi ist eine schöne Geschichte überliefert, die davon handelt wie er Frieden schließt zwischen den Einwohnern der Stadt Gubbio und einem großen Wolf, der vor ihren Toren lebte. Der Wolf verpflichtet sich dazu, keine Menschen und Tiere mehr anzufallen, und die Einwohner verpflichten sich dazu, den Wolf nicht mehr zu jagen, und bis ans Lebensende zu ernähren. Als er schließlich an Altersschwäche stirbt, trauert die ganze Stadt um ihn. Nur eine Geschichte. Sicher. Aber eine Geschichte, die von der Hoffnung erzählt, dass einst Menschen und Tiere in Frieden gemeinsam auf dieser Welt leben werden.

Pfarrer Bernhard Halver, Niedergebra
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