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Lieber guter Nikolaus - Christusdorn von Chr. Neitzke
Sonntag, 08. Dezember 2024, 13:58 Uhr
(re) Haben Ihre Kinder vorgestern fleißig Schuhe geputzt? Möglicherweise das einzige Mal im Jahr?
Gestern war es wieder soweit. Der Todestag von Bischof Nikolaus aus Myra stand auf dem Kalender. Ein kleiner Höhepunkt für Kinder auf dem Weg zum Weihnachtsfest. Geputzte Schuhe vor der Tür und viel Schokolade gehören dazu; vielleicht auch noch die Geschichte, wie Nikolaus die von Piraten abgeschnittene Hafenstadt Myra vor dem Hungertod rettete. Die Legende sagt, dass er das ganze Kirchengerät versilberte und damit die Durchfahrt ägyptischer Getreideschiffe erkaufte.
Nikolaus ist der Schutzheilige der Seeleute, Flussschiffer und Brücken. Und der unbestrittene Freund der Kinder. Allerdings musste Nikolaus sich den Weg zu ihren Herzen gegen eine Reihe von Rivalen, z.B. Knecht Ruprecht, erst bahnen.
Knecht Ruprecht sollte den Nachwuchs in Schach halten und ihnen Strafe androhen für den Fall, dass sie nicht spurten.
Gegen diese Einschüchterungspolitik in den Kinderstuben leuchtete die Nikolausfigur an. Auch vielen Erwachsenen musste der Freund der Kinder aus dem Herzen gesprochen haben.
Nikolaus stand für ein alternatives Erziehungsprogramm: Die Kinder sollten mit guten Taten und mit liebevoller Zuwendung zum Gutes tun gelockt werden. Die Erwachsenen, vor allem die Eltern, sollten ihnen vorleben, wie man sich müht, das Glück zu mehren und die Hand zur Versöhnung zu reichen statt Vergeltung zu üben. Wer Gutes tun soll, muss Menschen erlebt haben, die Gutes tun, so die Kurzformel. Vorbilder waren und sind angesagt.
Doch letztlich hat man nie alle seine Karten auf dieses einleuchtende urchristliche Programm gesetzt, schon aus eigener Schwäche heraus. Ruprecht verschwand nie völlig von der Bildfläche. Immer war er der Knecht und die dunkle Schattenfigur des Nikolaus, der notfalls wieder das Sagen bekam: Die Rute, die ist hier; doch für die Kinder nur, die schlechten, die trifft sie auf den Teil, den rechten, dichtete Theodor Storm. Nikolaus oder Ruprecht, das ist auch heute noch die Frage – und nicht nur in der Kindererziehung.
Christiane Neitzke, Domgemeinde
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