Dienstag, 18. November 2025, 09:12 Uhr
Die Delegation der EKM auf der EKD-Synode (Foto: Cedrik Triebe)
(re) Kirche und Macht war das Thema der EKD-Synode – doch der Frieden rückte ins Zentrum. Wie positioniert sich Kirche zu Krieg und Frieden? Hier ein Beitrag des EKD-Synodalen Dr. Hans-Christoph Maletz aus dem Kirchenkreis Südharz.
Liebe Leser,
ich möchte einen kurzen Eindruck von der diesjährigen EKD-Synodentagung vom 8.-12.11.2025 in Dresden geben, die ich als Delegierter der EKM besuchen durfte.
Als Schwerpunkt war die gemeinsame Befassung mit dem Thema Kirche und Macht vorgesehen. Eine gewichtige Thematik, die aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wurde: die organisationssoziologische Perspektive, sexualisierte Gewalt unter wertvoller Einbeziehung des Beteiligungsforums (BeFo), intersektional theologische Perspektiven, der internationale Blickwinkel mit interessanten Beiträgen von Gästen aus verschiedenen Kontinenten u.v.m.
Neben vielen anderen Themen wurde natürlich der Ratsbericht ausführlich diskutiert, wie auch die Umsetzung der neuorientierten Finanzstrategie der EKD, der Bericht über die Catholica-Arbeit oder die Verordnung über die Beflaggung kirchlicher Gebäude, um nur einige zu nennen und den Rahmen dieses Berichtes nicht zu sprengen.
Das sind alles wichtige und bedenkenswerte Aspekte, doch solange Kirche in unserer Gesellschaft noch etwas über Relevanz verfügt, wird von außen darauf geblickt und erwartete, dass sich Kirche (in diesem Fall die EKD-Synode) nicht nur mit sich selbst beschäftigt, sondern zu den Themen, die den Menschen wichtig sind, wie z.B. die Friedensproblematik oder wie sich das Miteinander in unserem Land entwickelt, äußert.
Ist also die Außenwirkung einer solchen Synode von Selbstbetrachtung (die sicher auch wichtig ist) geprägt oder signalisiert Kirche den Menschen auch und vor allem einen Standpunkt, der nicht von der Realpolitik überlagert wird, sondern seine Basis im Evangelium Jesu Christi hat?
Eigentlich war hierfür wenig Raum in der vorgeplanten Tagesordnung der Synode vorgesehen, doch erhielt das friedensethische Ringen um einen Standpunkt aus dem Evangelium heraus solch eine Eigendynamik, dass es sich zum eigentlichen Hauptthema der Synodentagung entwickelte.
Jetzt ist die Zeit
Es begann bereits im großartigen Eröffnungsgottesdienst in der Dreikönigskirche. Er stand unter dem Thema Jetzt ist die Zeit! und sein wohl am meisten beachteter und gewürdigter Teil war eine Textcollage zum Thema Krieg und Frieden, wo in bewegender und authentischer Weise drei verschiedene Gemeindeglieder ihr ganz persönliches Ringen mit der Problematik artikulierten: Generalmajor v. Butler als überzeugter Christ, Vorgesetzter und Ausbilder in der Bunderwehr, eine ältere Dame, die bereits in der Friedensbewegung zu Zeiten der DDR bei Schwertern zu Pflugscharen aktiv war und heute neue friedensethische Sichtweisen bei sich erkennt und ein junger Mann, zunächst bei der Bundeswehr im Dienst, der sich zum Kriegsdienstverweigerer und überzeugten Pazifisten entwickelte. Jeder für sich, und mit ihnen auch jeder Zuhörer oder Zuschauer, war auf der Suche nach seinem Standpunkt zu Krieg und Frieden auf der Basis des christlichen Glaubens.
Und das war die Stärke dieser Gedanken. Es gab keine vorgefertigten Antworten. Jedes Statement war auf seine Weise ehrlich und plausibel und man wurde als Zuhörer mit hineingenommen und fand sich selbst auf der Suche nach dem persönlichen Standpunkt. Es war zweifellos ein Höhepunkt dieses Fernsehgottesdienstes und der gesamten Synodaltagung. Die außergewöhnlich hohen Zuschauerzahlen im Fernsehen und die erstaunliche Menge der folgenden Anrufe auf dem Hörertelefon hatten dann sogar das ZDF beeindruckt.
Randthema wird Schwerpunkt
Auf der Tagesordnung der Synode war nur ein kurzer Abschnitt für einen Bericht über die Arbeit der Friedenswerkstatt und die Vorstellung der Friedensdenkschrift des Rates der EKD vorgesehen.
Die Einbringung von Landesbischof Friedrich Kramer u.a. wurde mit größtem Interesse und außergewöhnlichem Schlussbeifall bedacht, sodass sich gerade dieses Thema zum eigentlichen Schwerpunkt der Synode, auch in der Außenwirkung, entwickelte. Dieses friedensethische Weiterentwickeln gegenüber der Friedensdenkschrift von 2007 fand medial große Beachtung.
Wie steht nun die Evangelische Kirche zu Krieg und Frieden?
Die Denkschrift gibt hier keine eindeutige Antwort. Es ist eben eine Denkschrift.
Manchen ist sie zu weitgehend, anderen nicht weitgehend genug, wieder anderen fehlen wichtige Gedanken. Das war bereits im Vorfeld zu erwarten gewesen. Es gibt keine fertigen Antworten. Katrin Göring-Eckardt formulierte das in der Diskussion so: Ich bin sicher, dass ich nicht sicher sein kann. Aber das Papier hilft jedem Leser ganz persönlich, seinen eigenen Standpunkt zu suchen und hoffentlich auch zu finden.
Sein Sie herzlich eingeladen, sich mit der Friedensdenkschrift auseinanderzusetzen, zu ringen und sie zu teilen, denn jeder ist mitverantwortlich für das, was geschieht und für das, was unterbleibt (Erich Kästner). Als Christen haben wir auch hier eine Aufgabe.
Dr. Hans-Christoph Maletz, Mitglied der 13. Synode der EKD