Donnerstag, 22. April 2010, 09:52 Uhr
Taize Gruppenbild (Foto: Kevin Stilzebach)
Wieder daheim !, denkt sich vielleicht so mancher, der im Bus sitzt, während wir den Hügel hinauffahren. Ein kleines Dorf auf einem kleinen Hügel in Burgund, Frankreich – und doch: jedes Jahr, besonders zu Ostern und im Sommer, haben tausende von Jugendlichen aus aller Welt Teil am Leben der Bewohner, allen voran am Leben der Brüder.
Das kleine Dorf mit der nicht minder kleinen romanischen Kirche heißt Taizé. Und wir haben uns auf den Weg gemacht. Aus der Dunkelheit des Ostermontags fahren wir in das Licht, in den Ohren und im Herzen vielleicht die Osterbotschaft, die Kunde von dem Licht der Auferstehung, das in Taizé jedes Jahr aufs Neue bei den wöchentlichen Jugendtreffen besonders zu spüren ist. Nach einer 11-stündigen Busfahrt sind wir da und fühlen uns wohl. Wir, das sind eine Gruppe Jugendlicher aus dem Kirchenkreis Nordhausen mit dem Leiter Peter Kube bzw. André Ludwig sowie eine Gruppe aus Arnstadt. Viele Neulinge haben wir auch dabei, Jugendliche, die zum ersten Mal in Taizé sind. Wir werden eingeführt, von einer 18-jährigen Helferin, in das einfache Leben der ökumenischen Bruderschaft von Taizé. Während wir (auch bei -3 °C) in mitgebrachten Zelten schlafen, nächtigen andere Gäste in den dort zur Verfügung gestellten Großraumzelten oder Baracken, die allesamt belegt waren. Immerhin - um Ostern leben dort über 4500 Jugendliche und einige Erwachsene. Jeder hilft mit, es gibt immer was zu tun: Essen austeilen, Kirche säubern, Küche putzen, Zeltplätze aufräumen, Ankommende empfangen… Jeder ist eingebunden und - es funktioniert! Jedes Jahr Woche für Woche aufs Neue - erstaunlich.
Jeden Tag beten wir dreimal mit den Brüdern gemeinsam. Die Glocken rufen uns und wir genießen die Gebete in verschiedenen Sprachen, die warmen, einprägsamen Gesänge und die Stille. 8-10 Minuten, dreimal am Tag.
Die Bibeleinführungen mit einem Bruder und die anschließenden Kleingruppengespräche inspirieren uns. Englisch zu sprechen lernt man allemal, denn die Gruppen sind oftmals international- wirklich etwas, das den Horizont erweitert. Ob schwedisch, portugiesisch, französisch oder englisch, Sprachen und Erfahrungen werden ausgetauscht, über Dinge in Sachen Glauben und Leben kann geredet werden.
Beim Essen steht man lange an. Darüber kann man sich aufregen oder: Kontakte knüpfen, mit den Menschen, die einen gerade mal umgeben. So mancher aus unserer Gruppe hat auf diese Weise viele nette und lustige Menschen kennen gelernt.
Nach den Abendgebet, das offen endet (du kannst die ganze Nacht in der Kirche singen, beten, träumen, schreiben), kann man sich bis 23.30 Uhr am Oyak, dem Taizé-eigenen Kiosk, Dinge für den Eigenbedarf kaufen, dabei die kulturelle Vielfalt genießen. Hier ist Raum und Zeit für Spiele, Tänze und Gesänge aus aller Herren Länder, in vielen verschiedenen Sprachen – etwas, das man garantiert nicht vergisst. Noch auf der Busfahrt zurück oder zu Hause werden das eine oder andere Spiel ausprobiert.
Wer mag, fährt auch mal in das kleine nahe gelegene Städtchen Cluny (berühmt für die Reste der einst größten Kirche der Welt) oder unternimmt einen Spaziergang nach Ameugny, dem Dorf, in dem die Familien untergebracht sind, die Taizé besuchen.
Viele fragen uns, was Taizé eigentlich bedeutet. Sie haben bisweilen die Gesänge gehört, Menschen mit der kleinen emaillierten Taizétaube am Hals gesehen, aber kaum einer kann sich so richtig vorstellen, was so viele Menschen Jahr um Jahr diesen Ort aufsuchen lässt.
Die Communauté, die Gemeinschaft der Brüder, beschreibt ihr Anliegen so:
Nach Taizé kommen, heißt eingeladen sein, Gemeinschaft mit Gott zu suchen, im gemeinsamen Gebet, im Singen, in der Stille, im persönlichen Nachdenken und in Gesprächen. Jeder ist hier, um einen Sinn fürs eigene Leben (wieder-)zu finden und Kraft zu schöpfen. In Taizé bereitet man sich auch darauf vor, zuhause Aufgaben zu übernehmen, um Frieden zu stiften und Vertrauen zu bilden. Gastgeber in Taizé ist eine Gemeinschaft von Brüdern, die sich mit einem Ja für das ganze Leben in der Nachfolge Christi auf das gemeinsame Leben, die Ehelosigkeit und eine schlichte Lebensweise eingelassen haben.
Mit diesem Artikel wurde längst nicht alles geschrieben, wir sind uns einig: Das muss man mal erlebt haben !. Und wir stimmen überein: Schon als wir in den Bus stiegen, Taizé zu verlassen, fing die Sehnsucht an, zurück zu kehren, zurück irgendwie in etwas wie eine kleine zweite Heimat… auf den Hügel der Gemeinschaft.
Caroline Menard und Kevin Stilzebach, Ostern 2010