Mittwoch, 13. Februar 2013, 14:01 Uhr
Gruppenbild (Foto: Nachtwey)
Landschaft (Foto: Nachtwey)
Mädchen am Wasserhan (Foto: Nachtwey)
Unsere langjährige ehrenamtliche KILA - Mitarbeiterin Laura Nachtwey aus Nordhausen ist für ein Jahr in Peru. Hier kommt ihr Zwischenbericht:
...der nächste Bericht kommt aus Quebrada Honda. Das hatte ich versprochen, als ich meinen letzten Artikel schrieb. Nun bin ich schon seit ganzen 3 Monaten hier und ich habe es bis jetzt immer noch nicht
geschafft aus meinem Projekt zu berichten. Nun haben unsere Mädels derzeit Ferien und so komme ich endlich
dazu diesen Artikel zu schreiben.
Unsere Mädchen...das sind 42 Mädchen und junge Frauen im Alter von 10-17 Jahren. Viele von ihnen kommen aus weit entfernten Orten, um hier die Schule besuchen zu können. Gäbe es das Internat nicht,
wäre auch der Schulbesuch für unsere Mädchen nicht möglich, weil sie keine Unterkunft hätten. Zum Teil leben aber auch Mädchen aus dem Dorf hier, deren Eltern keine Zeit haben sich um sie zu kümmern, weil sie sehr viel arbeiten. Geleitet wird das Projekt hier
von 2 Schwestern, die 42 und 83 Jahre alt sind. Zu Beginn fiel es uns schwer, mit den beiden zusammenzuarbeiten, was einerseits an der Sprache lag, andererseits aber auch daran, dass wir nicht verstanden haben,warum sie oft laut geworden sind. Mittlerweile können wir verstehen, dass es zu zweit kaum anders möglich war-denn ohne klare
Ansagen kann man ein Leben mit so vielen Mädchen kaum gestalten. Nach und nach wurden aber auch die Schwestern entspannter, da nun nicht mehr alle Arbeit auf ihren Schultern lag. Das war schön zu sehen und zu spüren. Ich bin sehr glücklich hier zu sein und habe das Gefühl wirklich helfen zu können. Zum einen sind jetzt mehr Personen da, die sich um die Mädchen kümmern können. Zum Anderen sind wir aber auch eine Art
Familie für unsere Mädchen geworden, denn nur einmal im Monat sehen die Mädels ihre Familien.
Zudem kommen auch manche unserer Kinder hier aus sehr schwierigen Familienverhältnissen. Ich habe die
Mädchen so lieb gewonnen und genieße es sehr, mit ihnen zu lachen, zu reden, ihnen zuzuhören und sie
auch einfach mal zu trösten, wenn es kein so guter Tag war. In diesen drei Monaten, die wir nun hier sind, sind wir eine große Familie geworden, die füreinander da ist.
Um einen kleinen Eindruck zu geben, wie genau unsere Tage hier aussehen, macht sich ein Tagesablauf ganz gut. Jeden Morgen um 4.30 Uhr stehen Anna und ich auf und wecken dann um 5 Uhr alle Kinder. Anna ist meine Mitfreiwillige aus Nordrhein-Westfalen. Nachdem wir dann also alle unsere Mädels geweckt haben schauen wir, dass sie auch wirklich aufstehen, duschen und ihre Betten machen. Während danach jedes der 42 Mädels einen Teil des Hauses putzt bereiten Anna und ich das Frühstück mit vor und teilen es aus, damit dann um 6 Uhr auch alles fertig ist. Nach einem kurzen Frühstück ist dann gerade noch Zeit, um die Schuluniform anzuziehen, bevor es dann um 7 Uhr auch schon zur Schule geht. Bis die Kinder um 14 Uhr wieder kommen haben Anna und ich freie zeit für uns. Das war nicht immer so. Zu Beginn haben wir meist jeden Vormittag mit viel Büroarbeit verbracht, was wir irgendwann von unseren körperlichen Kräften nicht mehr geschafft haben über 12 Stunden täglich zu arbeiten. Also haben wir dann mit den Schwestern geredet und konnten vereinbaren, dass wir die Vormittage zur freien Verfügung haben und hin und wieder Aufgaben erledigen, die anfallen. So bleibt uns tatsächlich Zeit für uns, was ich sehr genieße. Ob nun zum Mails schreiben, zum einfach nur Nachtschlaf nachholen, zum Lesen oder Spanisch lernen. Manchmal auch zum Sachen per Hand waschen, was seine Zeit braucht. Wenn um 14 Uhr dann alle unsere Mädchen wiederkommen sind Anna und ich beim Mittagessen dabei und haben danach eine ganze Stunde Zeit, um mit den Mädels zu spielen. Da wir jeden Tag ca. 30°C haben bietet sich das Spielen im
Freien natürlich an und so treffe wir uns alle und spielen Volleyball oder Yajes, ein typisches Kinderspiel hier in Peru, bei dem man kleine Figuren einsammeln muss. In dieser Zeit können wir einfach Freundinnen sein, die mit den Kindern herumalbern und Spaß haben, das tut sehr gut. Nach der Spielzeit bleibt dann noch eine halbe Stunde zeit zum Duschen, bevor dann unsere Estudio-Zeit beginnt, die Hausaufgaben-Zeit. In dieser zeit sorgen Anna und ich für Ruhe, sind aber auch sehr viel damit beschäftigt zu helfen. Denn Hilfe ist nötig-vor allem in den Fächern Englisch und Mathematik. Zu Beginn war es noch schwer auf Spanisch Rechenregeln oder Zeitformen zu erklären, aber mittlerweile klappt es mit dem Spanisch so gut, dass es uns auch viel leichter fällt, bei den Hausaufgaben zu helfen. Meist sehr erschöpft sitzen unsere Mädels dann alle beim Abendessen, nach dem es dann auch gleich schon losgeht zum Gottesdienst in die Kirche. An manchen tagen bleiben Anna und ich mit einem teil der Kinder hier, um bei Kerzenschein Rosenkranz zu beten und Lieder zu singen. Mit dieser zeit in der Kirche bzw. hier im Haus beim Rosenkranz geht viel zeit verloren, aber doch ist es eine so schöne Zeit für die Mädchen und auch für uns. Denn es bleibt einfach mal zeit zum Ausruhen, zum reflektieren, wie der Tag bis jetzt war, zum einmal wirklich zur Ruhe kommen. Ein wenig mehr ausgeruht ist danach nochmal eine halbe Stunde Hausaufgaben-Zeit, bevor wir dann noch mit allen beten und dann schlafen gehen. Besser gesagt gehen die Kinder schlafen.
Nachdem wir alle ins Bett gebracht haben bleibt für Anna und mich noch ca. eine Stunde Zeit auf unserem Zimmer, die ich jeden Abend sehr genieße. Einfach um für mich selbst einen Tagesabschluss zu finden oder um Tagebuch zu schreiben. Und danach heißt es dann auch für uns schlafen-in Schlafsachen laufen wir in die Schlafsäle der Mädchen und schlafen dann auch bald ein. Wir schlafen in verschiedenen Schlafsälen bei den Kindern.
Zu Beginn fiel mir das sehr schwer, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und kann verstehen, wie gut es ist, dass wir da sind. Einfach falls etwas ist und auch, damit uns nicht einfach mal in der Nacht Mädchen abhauen, um sich mit Jungen zu treffen. Und am nächsten Morgen heißt es dann wieder 4.30 Uhr aufstehen, um auch alle unsere Mädchen rechtzeitig zur Schule schicken zu können.
Wir dürfen hier sein und dürfen Hilfe sein,d as ist ein sehr schönes Gefühl. Mittlerweile dürfen wir eigenverantwortlich arbeiten und ab März werden wir an den Wochenende Kreativangebote für die Mädels vorbereiten, wie Batiken, Straßenkreide selber machen
oder auch einfach nur Basteln-quasi ein bisschen wie KILA-Aktionstag!
Nun habe ich ja, bevor ich hierher kam vom KILA nach dem Handwerkercamp Spenden bekommen, um hier im Sinne Albert Schweizers aktiv zu werden. Nun möchte ich auch berichten, was wir mit diesem Geld vorhaben. Uns geht es hier im Internat vom Standard her sehr gut, aber trotzdem gibt es noch Probleme. So möchten wir mit dem bis jetzt gesammelten Geld eine Wand hier im Haus trockenlegen bzw. verhindern, dass weiter Wasser eindringen kann. Es handelt sich um die Wand in unserem Computerraum, die mittlerweile schimmelt und gesundheitsschädlich für die Kinder ist. Zudem dringt mehr und mehr Wasser in die Wand ein, wodurch sie immer instabiler wird. Damit sie nicht u einer noch größeren Gefahr wird, wollenwir uns genau darum kümmern. Wir sind auch jetzt noch sehr dankbar für Spenden, die auf meine Spendenkonto überwiesen werden können. Wie es mit unserem Vorhaben vorangeht, werde ich auf meinem Blog unter www.strassenkinder.de/lauraenperu dokumentieren. Dort finden sich auch weitere Artikel und Fotos von meinen Erlebnissen hier in Peru. Es gibt noch so viel mehr zu tun....so müssen neue Matratzen und neues Geschirr gekauft werden. Aber all das sind Sachen, die wir ins Auge fassen werden, wenn wir das Problem mit der Wand beheben konnten.
Bevor ich nun erstmal wieder tschüss sage, noch ein Zitat von Dom Helder Camara, das mir neulich wieder in
die Hände gefallen ist und das ich sehr
passend für meine Zeit hier in Peru fand. Im Handwerkercamp 2011 hatten wir ihn als Thema – er war ein Bischof, der sich in Brasilien mit all seiner Liebe und all seinen Möglichkeiten um die Menschen in den Favelas, den Armenvierteln, gekümmert hat. Und einmal hat er gesagt: Sag ja zu den Überraschungen, die deine Pläne durchkreuzen, deine Träume zunichtemachen, deinem Tag eine ganz andere Richtung geben-ja vielleicht deinem Leben. Sie sind nicht Zufall. Lass dem himmlischen Vater die Freiheit deine Tage zu bestimmen.
Die Entscheidung hierher zu gehen war keine leichte und doch merke ich, wie sehr es sich gelohnt hat. Wie froh ich bin hier sein zu dürfen. Und immer und immer wieder verläuft vieles so anders als geplant, gibt es immer wieder genau solche Überraschungen, von den
Dom Helder Camara da spricht. Und auch, wenn es oft so anders wird als erwartet oder geplant(denn ich plane Dinge sehr gerne), ist es doch trotzdem nicht minder schön.
Damit sende ich ganz viele liebe sonnige Grüße nach Nordhausen.
Alles Liebe,
Laura
PS: Bitte immer eigenen Vor-und Nachnamen+Adresse
angeben, damit eine Spendenquittung ausgestellt
werden kann.