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Elende goes museum

Dienstag, 15. Oktober 2013, 13:19 Uhr
Ein maßgebliches Stück der Geschichte des kleinen Straßendorfes Elende ist im wiedereröffneten Museum am Lindenbühl in Mühlhausen ausgestellt. Nach vierjähriger Generalsanierung wurde der prächtige Neorenaissancebau des Museums vor wenigen Tagen den Besuchern übergeben. Zu sehen ist dort derzeit, bis zum 13. April, eine Sonderausstellung mit dem Thema „Umsonst ist der Tod“ - Alltag und Frömmigkeit am Vorabend der Reformation. Eine Ausstellung, die den Besucher so schnell nicht loslässt. Zurückhaltend gestaltet, mit Verzicht auf die derzeit moderne Medienunterstützung, wirken die Exponate ganz für sich. Mühlhausen gewährt ihnen so den Raum, der ihre Aussagekraft unterstreicht. Keine Massen an Ausstellungsstücken, sondern wohl gewählte Einzelstücke, die Geschichte erzählen. Unter den Exponaten das Mirakelbuch von Elende. Eine der ältesten erhaltenen Schriften ihrer Art. Das pergamentene Buch, verzeichnet die 467 Wunder, die der Marienstatue zugeschrieben werden, die zu Wallfahrtszeiten (1419-1517) in der Elender St. Marien-Kirche „Rosenkirche“ verehrt wurde. Es belegt, die Herkunft der Wallfahrer von Aachen im Westen bis nach Danzig im Osten, von Göteborg im Norden und bis nach Wien im Süden. Unter ihnen Bürger und Bauern Seite an Seite mit Adeligen. Dieses Buch ist ebenso wie die heute noch in der Heiligenstädter St. Marien-Kirche aufgestellte Marien-Statue ein einzigartiges Zeugnis der Geschichte des kleinen Dorfes. Der Kurator der Mühlhäuser Ausstellung, der Berliner Kirchenhistoriker Dr. Hartmut Kühne, war vor einigen Jahren im Rahmen eines Forschungsprojektes der Humboldt-Universität Berlin zum Thema Pilgerzeichen selbst in der Rosenkirche. Auch dieses Stück Elender Geschichte ist in der Ausstellung zu finden.
Insgesamt umfasst die Sonderausstellung etwa 300 Exponate, die die religiöse Alltagskultur in den Jahrzehnten vor dem Beginn der Reformation beleuchten. Dabei geht es nicht vordergründig darum, herausragende kunsthistorische Meisterwerke zu präsentieren, sondern ein Bild der alltäglichen Frömmigkeit um 1500 zu zeichnen. So hängt an einer Wand ein Kruzifix mit lebensgroßer Christusfigur. Seine Arme sind beweglich, die Hände nur mit einem herausziehbaren Nagel befestigt, das Haar scheinbar echt. Mit dieser hölzernen Figur konnte um 1500 die Passionszeit nachgespielt werden. Fotos eines Ostergrabes in der Zwickauer Marienkirche zeigen, dass das Spiel selbst die Grablegung einbezog. Zu den oft unerkannt ein halbes Jahrtausend überdauerten Schätzen gehören beispielsweise eine Betsäule, eiserne Fesseln als Votivgaben, „Leibzeichen“ genannte Körperteile, die getöteten Personen abgenommen und bis zur Sühne der Mordtat nicht bestattet wurden, oder auch ein sogenannter „Auffahrtschristus“, der im Rahmen der Himmelfahrts-Liturgie vor den Augen der Gemeinde durch ein Loch in der Kirchendecke gen Himmel fuhr. Ein großer Teil der Ausstellungsstücke wird im Rahmen dieser Ausstellung erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Besonders interessant machen diese Ausstellung aber nicht nur die einzelnen Exponate. Wichtiger erscheint die Erkenntnis, dass man einem Irrglauben unterliegt, wenn man von der Reformation als dem erlösenden Ausweg aus den vermeintlichen Missständen in Kirche und Gesellschaft im finsteren Mittelalter spricht. Das Gegenteil war der Fall, Frömmigkeit durchdrang alle Lebensbereiche in allen Schichten. Wallfahrten gehörten zum Leben dazu, Andachtsbilder und Pilgerzeichen waren Massenware. Die Reformation konnte nur auf diesem fruchtbaren Boden, der großen Bedeutung des Glaubens in dieser Zeit, ihre Wirkungskraft entfalten. Ein beeindruckendes Bild der gelebten Frömmigkeit des späten Mittelalters ist nun in Mühlhausen zu sehen.
Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 4 Euro
Öffnungszeiten: Di – So 10-17 Uhr
Weitere Informationen unter: www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de oder
www.umsonstistdertod.de
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