Montag, 19. März 2018, 19:43 Uhr
Frühjahrssynode 2018 (Foto: R. Englert)
Auf in die Zukunft – aber wie?
Am Samstag haben sich 35 stimmberechtigte Teilnehmer zur Frühjahrstagung der Kreissynode des Kirchenkreises Südharz in der Nordthüringer Lebenshilfe versammelt.
Den Beginn machte wie immer der Gottesdienst. Dieses Mal wurde das Frauenteam des Kirchenkreises mit seiner Beauftragten Kathrin Schwarze in der Justus-Jonas-Kirche für seinen Dienst gesegnet. Pfarrer Thomas Reim, der neue Kreispfarrer für Vertretungsdienste, der derzeit im Pfarrbereich Silkerode eingesetzt ist, hielt die Predigt passend zum Thema Frauen in der Bibel. Kantorin Miriam Leha, die ihren Dienst nach 6 Jahren Elternzeit wieder aufgenommen hat, spielte die Orgel dazu. Beide wurden später von den Synodalen noch einmal herzlich mit einem Blumenstrauß im Kirchenkreis willkommen geheißen.
Einrichtung Projektstelle Pfarrer Nitz
Auf der Tagesordnung stand die Einrichtung einer dreijährigen Projektstelle für Pfarrer Hans-Georg Nitz ab dem 1.1.2019 bis zum Eintritt in dessen Ruhestand. Sein neuer Aufgabenbereich umfasst dann die seelsorgerliche Begleitung der Alten- und Pflegeeinrichtungen der Diakonie, die Schulung der Mitarbeiter in der Trauer- und Sterbebegleitung sowie das Sammeln und Aufarbeiten von Biografien von Spätaussiedlern und Heimatvertriebenen.
Dienstanweisungen Gemeindepädagogen
Weitere wichtige Informationen gab die amtierende Referentin für die Arbeit mit Kindern und Familien Ines Delert zu den Dienstanweisungen für Gemeindepädagogen. Sie gelten seit dem 1.1.2018 und wurden vom Landeskirchenrat beschlossen. Die rechtliche Grundlage für die Veränderungen bildet das Mindestlohngesetz von 2014. Daraus resultiert die Senkung der Jahresarbeitszeit auf einer 100 %-Stelle um 80 Stunden. Neu ist auch, dass die Fahrtzeiten in die Arbeitszeit eingerechnet werden. Somit wird alles in allem weniger Zeit in den Gemeinden verbleiben. Darum wurde den Gemeinden auch die Mindestteilnehmerzahl von sieben Kinder pro Gruppe noch einmal ans Herz gelegt. Zusammenlegungen von Gruppen können auch die Fahrtzeiten reduzieren. Superintendent Schwarze betonte, dass man mit den Gemeinden nun neu ins Gespräch kommen müsse.
Mitteldeutsche Kirchenzeitung
Renate Wähnelt, Redakteurin bei Glaube + Heimat stellte die Kirchenzeitung vor. Sie regte an Testaboscheine in die Gemeindebriefe einzulegen. Bei so neu gewonnenen Abonnenten könne sich die Gemeinde dann Geschenke aussuchen, darunter auch Bibeln und Gesangbücher. In seiner bekannt trockenen Art holte sich Pfarrer Dr. Bodo Seidel daraufhin genauere Informationen mit der Bemerkung: Unsere Gemeinde tut alles, um an Gesangbücher zu kommen.
Zukunftswerkstatt
Den von allen mit Spannung erwartete Tagesordnungspunkt Zukunftswerkstatt übernahm der Referent: Dr. Michael Funke von der Beraterwerkstatt, Leipzig.
Mit der Bemerkung: Das sind Sternstunden, wenn sich Organisationen die Zeit nehmen über die Zukunft nachzudenken, leitete er seinen Vortrag ein. Er ermunterte uns mit Blick auf die Zukunftswerkstätten: Gönnen Sie sich ein fröhliches Raufen. Den Weg in die Zukunft bekommen wir nicht billig.
In der derzeitigen Stellenplansituation erläuterte er, schiene die Tischdecke immer zu kurz, egal, an welcher Ecke wir ziehen. Das Managen einer immer zu kurzen Decke sei eine sehr moderne Tätigkeit. Dies beruhigte die Zuhörer jedoch zunächst wenig.
Die Geschichte einer Pfarrerin aus Halle führte uns dann zum Kern des Themas. Drei Frauen kämen immer in ihren Gottesdienst, berichtete sie ihm. Nun sei eine dauerhaft erkrankt. Wie soll es weitergehen? Die Frage ist für Funke viel grundsätzlicher: Wofür stehen die Gemeindemitglieder, die nicht mehr kommen? Wofür stehen die Gotttesdienste, die wegfallen? Was mit ihnen verschwindet, referiert er, sind die Beziehungen der Menschen untereinander. Das Reden nach dem Gottesdienst vor der Kirche beispielsweise. Das gemeinsame Kümmern der Gemeinde, das Zusammenbringen der Menschen über die Altersgrenzen hinweg entfällt, wenn der Gottesdienst entfällt.
Funke erzählte das verblüffende Beispiel von einem französischen Pfarrer, der seine Kirche geschlossen und eine Kneipe aufgemacht hat. Dort redet man wenig über Gott, aber man redet miteinander, man begegnet sich.
Was ist die Antwort von Kirche auf diese Veränderung?, fragt der Berater.
Ist es nicht die Aufgabe der Kirche, den Menschen zu dienen mit dem was ihnen gut tut? Nicht ein Mehr von allem sei die Lösung, so Funke. Fragt was die Menschen brauchen, empfiehlt er. Geht raus und redet mit den Menschen in einer Sprache, die sie verstehen.
Besucht sie und fragt nach ihren guten Erfahrungen mit der Kirche. Neue Formen der Begegnung werden gesucht. Bei einem konkreten Anliegen, wie beispielsweise der Flüchtlingshilfe, kamen sofort Helfer zusammen. Das lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen.
Eine Theorie, die er detailliert erläuterte: Überleben in einer Vuka-Welt.
Kurz: V = Veränderung, U = Unsicherheit, K = Komplexität, A = Ambiguität.
Seine Gedanken dazu: Die Hoffnung wieder in stabile Zustände zu kommen, sei eine Illusion. Aber wie kann ich mit der Veränderung leben, wie meine Widerstandsfähigkeit ausbauen, wie weit sind wir Menschen bereit bei diesen Wechsel mitzugehen? Wie kann ich Wege gehen, die noch nie jemand gegangen ist? Das ist wie Fahren im Nebel, immer auf Sicht, langsam. Nicht alles auf eine Karte zu setzen sei ein Lösungsweg, betont Funke. Wir müssen lernen Spannung und Unterschiedlichkeit auszuhalten. Es geht nicht darum jemanden zu überzeugen,halte es aus, ohne selbst daran kaputt zu gehen.
Er empfahl uns, schaut auf die guten Beispiele. Wir Mitteleuropäer neigen dazu sofort Fehler zu sehen, sagt Funke. Aber selbst fehlerfrei hieße nicht, dass es fröhlich und lebendig sei. Schaut viel mehr auf das, was wachsen kann. Eine Pfarrerin beispielsweise fing an, ihre Gemeinde in den sonst von ihr allein gut vorbereiteten Gottesdienst aktiv einzubauen. Auch Fürbitten werden nun von der Gemeinde geschrieben, bislang traute die Pfarrerin ihnen das nicht zu. Die Männer treffen sich mittlerweile wöchentlich zum Arbeitseinsatz mit einem Mittagsbier hinterher. Funkes These dazu: Schauen wir auf die grünen Pflänzchen, dann fördern wir Wachstum.
Nach dieser Hinführung zum Thema ging es in die 1. Arbeitsgruppenphase mit der Fragestellung: Was waren meine schönsten/emotionalsten Erlebnisse mit Kirche?
Aber, bleibe bei den guten Dingen und wechsel nicht wieder zu den schlechten. Schnell wurde uns allen bewußt, wieviel Schönes wir mit Kirche erleben und wie gut uns Kirche tut. Viele Erlebnisse hatten mit Begleitung in besonderen oder schweren Situationen zu tun. Momente in denen Nähe gut tat. Bald waren sich alle einig, dass wir uns das Positive viel zu selten erzählen.
Flott ging es in die 2. Arbeitsgruppe mit den Fragen: Welche Veränderungserfahrungen habe ich? Wie habe ich diese Veränderungen durchgestanden?
Nun wurde es für jeden von uns persönlich. Doch fasste man unsere Geschichten zusammen, stellten wir fest, dass uns Veränderungen als Mensch auch oftmals stark gemacht haben. Dass diese Erfahrungen auch sehr belebend sein können. Dass man in einem schwer haltbaren Zustand sogar eine Sehnsucht nach Veränderung entwickelt.
Dass Veränderungen wehtun können und es gut tut, wenn es dann Begleitung da ist. Es gibt Veränderungen die ich will und welche die auf mich zukommen. Manche Veränderung ist schmerzlich und trotzdem muss es ein Danach geben.
Einmal inne zu halten und sich diese persönlichen Veränderungen ins Bewußtsein zu heben, das tat uns allen gut.
Doch was kann das für unsere Zukunftswerkstätten bedeuten?
Wenn ich mich aktiv an der Veränderung beteilige, dann wirkt es positiv. Mache die Betroffenen zu Beteiligten. Nimm die Menschen ernst und geht gemeinsam weiter.
Ich kann niemanden zum Gottesdienst hinprügeln. Anstiften, infizieren, anstecken, Menschen begeistern das ist ein Weg. Wo Menschen gute Erfahrungen machen, da möchte man auch dazugehören.
Die nächste Fragerunde beschäftigte sich mit unserer Aufgabe als Synodale: Wie kriegen wir die Gemeinden mit ins Boot? Ein wichtiger Gedanke war, dass die Synode ein Signal der Experimentierfreundlichkeit und Fehlermöglichkeit setzen sollte. Und dass wir als Multiplikatoren mit den Einladungen zur Zukunftswerkstatt selbst losziehen müssen und Menschen ganz gezielt anzusprechen. Wir können weitertragen, dass sich dieser Tag mit Michael Funke für uns gelohnt hat und das wir in der Zukunftswerkstatt gemeinsam mit ihm weiterarbeiten können.
Titelseite der Handreichung (Foto: A. Schwarze)
Handreichung
Superintendent Andreas Schwarze berichtete ergänzend, dass die neu entstandene Handreichung mit den Einladungen zu den jeweiligen Zukunftswerkstätten an die GKR-Vorsitzenden und Stellvertreter sowie an örtliche Bürgermeister versandt werden. Diese könnten sie an Kindergärten, Schule, Feuerwehren und Vereine, etc. weitergeben.
Die Gemeinden sind eingeladen, sie zur Diskussion zu nutzen.
Die Handreichung wird ab nächster Woche auch online auf dieser Homepage zu finden sein. Ein neuer Button ist im Entstehen.
Gottesdienst Zukunftswerkstatt
Vorbereitend auf die Zukunftswerkstätten sind die Gemeinden gehalten, einen Gottesdienst miteinander zu feiern, dessen Bausteine sie in der Handreichung finden.
Bericht des Landessynodalen
Abschließend berichtete uns unser Landessynodaler Dr. Christoph Maletz von der Arbeit in der Synode. Dr. Maletz wurde von der Landessynode übrigens auch in den Landeskirchenrat gewählt. Vertritt uns also auch an ganz exponierter Stelle.
Er erzählte, dass ab dem 1. Advent die revidierte Perikopenordnung in Benutzung kommt. Das heißt für die Gottesdienste - neue Predigttexte. Wir werden zukünftig deutlich mehr alttestamentliche Texte hören. Auch der Wochenliedplan wurde geändert. Es wird also spürbare Neuerungen in unseren Gottesdiensten geben.
Ein großes Thema sei in letzter Zeit das Bußwort des Landeskirchenrates gewesen. Hintergrund war, dass während der DDR-Diktatur Mitarbeiter nicht ausreichend Hilfe von der Kirche erhalten haben oder gar verraten wurden. Zur Aufarbeitung wurde dieses Bußwort erstellt, um Schuld einzugestehen und um Vergebung zu bitten. Das vielschichtige Echo darauf hält seit dem Buß- und Bettag im letzten Jahr ungebrochen an.
Auf die Tatsache, dass der Landeskirchenrat der Synode nicht den Vorschlag machte, die Amtszeit der Landesbischöfin zu verlängern, konnte er nur bestätigen, dass alle Gespräche dazu vertraulich sind und bleiben.
Termin der nächsten Synode ist der 3.11.2018
Regina Englert