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Gottes Geist bringt Leben hervor & braucht Raum
Sonntag, 16. Juni 2019, 04:21 Uhr
Das Laufen ist mühsam. Das Gras ist so gewachsen, auch auf dem Weg! Schafgarbe sehe ich, Heckenrosen. Und dann: Holunder, der Duft des Sommers! Was für eine Kraft in Regen, Sonne und Licht! Ich staune über die Kraft in all dem Wachsen. Die Christen nennen diese Kraft Gottes Geist.
Im Garten meiner Kindheit war eine Wiese, ich konnte mich im duftenden Gras verstecken. Der erste eigene Garten war eine Enttäuschung: überall Triebe vom Flieder. Beim Herausziehen der Wurzeln ging das ganze Beet kaputt. Soviel Mühe und so eine Unordnung! Jahrelang haben wir uns abgemüht mit der Unordnung im Garten.
Ich gehe ein Stück. Trainiere ich mich mit dem Laufen? Ich bin nicht schneller, fitter oder leichter. Doch: Ich trainiere Hinsehen und Wahrnehmen. Ich sehe einen Storchenschnabel. Warum fällt mir der Name wieder ein – nach 30 Jahren?
Im Weizen sehe ich keine einzige Blüte. Die Landwirte schaffen das mit der Ordnung. In den Gärten sehe ich gerade Furchen, kein Unkraut. Alle kämpfen gegen die Unordnung. Weil die meisten erfolgreich sind, gibt es weniger Insekten und weniger Vögel. Heute ist mir keine Fliege in den Hals geflogen, dabei geht mein Atem heftig.
Gottes Geist bringt Leben hervor: vielfältig, bunt und scheinbar unordentlich. Die natürlichen Gleichgewichte sind fein ausbalanciert. Mein Bedürfnis nach Ordnung ist Teil der Probleme. Lassen wir Gottes Geist Raum! Es duftet nach Holunder. Er wächst, wo niemand sich kümmert. Ich gehe langsam und genieße den Duft.
Pfarrer Hauke Meinhold
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