Sonntag, 01. März 2020, 13:18 Uhr
Vielleicht schon das Fazit des Tages? (Foto: Regina Englert)
Propst Dr. Christian Stawenow hielt eine hoch interessante Bibelarbeit mit aktuellen Bezügen (Foto: R. Englert)
Am Samstag war ich zu Gast bei der Ehrenamtsrüste 2020 zum Thema "Traditionen und Rituale in der Kirche" - Balance zwischen Tradition und Zeitgeist.
Rund 80 Gäste waren auf Burg Bodenstein anwesend.
An diesem Tag gab es drei Workshops, die alle von ihren Leitern sehr aufwendig vorbereitet waren. Besonders für die praktische Umsetzung war das Thema von Stefan Domann geeignet. Am Beispiel der Kirche in Wülfingerode zeigte er, wie man Kirche und Dorf zu einer Einheit werden lassen kann. Und was man so alles zusammen erreicht. Das neueste Projekt "Bienenkirche" war dabei nur eines von vielen.
Michael Kremzow referierte sehr kenntnis- und materialreich über die Geschichte der Kirchenmusik und ihre Weiterentwicklung.
Michael Görk nahm seine Workshopteilnehmer mit in das Thema: Projekte oder Kontinuität in der Gemeindearbeit - neue Formen der Gemeindearbeit.
Mitgenommen hat uns auch wieder die Bibelarbeit mit Propst Dr. Christian Stawenow. Anhand der Bibelstellen Mt 28 und 5. Mose 6 nahm er uns mit in die Frage der Traditionen in der Kirche.
Hier ein paar Schlaglichter aus seinem Vortrag:
- "Die Liebe Gottes ist unerschütterlich, wir Menschen aber sind vergesslich", sagt er. Fazit: Rede mit deinen Kindern, Enkelkindern immer wieder über deinen Glauben.
- "Wir haben viel versäumt. Wir haben die Taufe vergessen - die Tauferinnerung. Wir sind so arrogant und glauben, dass wir dazugehören, das reicht aus! Mit der Taufe gehörst du zu Gott, das ist ein Zuspruch - der Himmel ist für dich geöffnet. Die Taufe ist kein Akt für die Datei."
- "Es reicht nicht die 10 Gebote auswendig zu können, man muss sie vom Kopf ins Herz hineinbekommen und das ist ein sehr weiter Weg. Die Nazis waren auch getaufte Christen, aber sie hatten den Glauben nur im Kopf." Stawenow berichtete von der Euthanasie behinderter Menschen Ende der 30er Jahre und zitierte einen Befehlshaber: "Selig sind die geistlich Armen, ihrer ist das Himmelreich. Aber unser Brot müssen sie nicht essen!" Welch ein Missbrauch der Heiligen Schrift - Glaube im Kopf, aber ganz sicher nicht im Herzen!
- Wie können wir den Kindern unseren Glauben lehren? "An der langen Leine des Glaubens", so Stawenow. Nicht mit Druck oder einem zu hohen Anspruch, sonst erreichen wir unter Umständen das Gegenteil.
- Er gab uns auf, zu überlegen, wie viel Christus in unseren Gemeinden steckt? Sind wir eine eingeschworene Gemeinschaft oder offen für andere? Verschließen wir unsere sanierten Kirchen oder sind wir offen für alle? Wie ist unsere Herzenshaltung?
- Und immer wieder bringt er ganz persönliche Beispiele, die in Äußerungen münden, denen man abspürt, dass sie ihn aufwühlen, ihm ganz persönlich nahegehen. Beispielsweise nach einer Geschichte: "Es gibt aufrichtige Christen, die haben eine Herzenshaltung, die ist zum Kotzen!"
- "Wie tiefgründig ist unser Christenleben?", fragte er. Die Statistik sage nichts über das christliche Leben in unseren Gemeinden aus. Unsere Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel.
- "Tragt euren Glauben großmütig in die Familie, in die Gemeinde. Sprecht es ruhig aus: "Ich bete für dich!"
- "Fragt euch was würde Jesus sagen und vor allem, was würde Jesus tun?"
- "Wir sind es nicht, die die Welt retten, sie ist doch schon gerettet!"
Zwischendurch ging er ganz offen auf die politische Lage in Thüringen ein, bezog Position. Ein Satz daraus: "Die AfD hat in Thüringen die Hosen heruntergelassen."
Auf Nachfrage äußerte sich Stawenow ausführlich auch zur Trauung gleichgeschlechtlicher Paare. "Mit der Diskriminierung muss Schluss sein! Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" Ein deutliches Ja kam von ihm auch zur Trauung, aber die Entscheidung bleibe den Gemeinden vorbehalten.
Grundsätzlich gab er uns mit auf den Weg über das Thema Sexualität noch einmal insgesamt ganz aufmerksam nachzudenken. "#Metoo, Gewalt in der Ehe, Kindesmissbrauch, Ehebruch - wir müssen im Bereich Sexualität sehr bescheiden werden mit unseren Aussagen und Urteilen. (Anmerkung des Autors: Mit anderen Worten, Heterosexuelle haben so viele eigene Baustellen, dass sie mit Urteilen über gleichgeschlechtliche Liebe sehr vorsichtig sein sollten.)
Männer und Frauen müssen auf Augenhöhe miteinander leben. Im Neuen Testament wird den Frauen die Würde zurückgegeben. Im Epheserbrief heißt es, der Mann soll die Frau lieben, wie Christus die Gemeinde geliebt hat."
Dies alles sind nur kleine aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, aber ich denke, dass sie einen guten Einblick geben in den Verlauf der Bibelarbeit. Gespickt mit persönlichen Geschichten und aktuellen Bezügen war sie für uns alle eine echte Bereicherung.
Regina Englert
Der neue Termin: 26.-28. Februar 2021