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Zurück auf Los - Christusdorn von Pfarrer Hauke Meinhold
Sonntag, 19. September 2021, 04:40 Uhr
Manchmal wäre das schon ziemlich praktisch: Noch einmal zurück auf Los und von vorn anfangen. All die Missverständnisse und Streitereien ansprechen und bereinigen, so dass auch treue Feinde wieder miteinander reden können und arbeiten und lachen. Das Leben wäre so viel besser, nicht wahr?
Möglich ist das. Die jüdischen Gemeinden haben in dieser Woche ihr höchstes Fest gefeiert: Jom Kippur, das Versöhnungsfest. Jedes Jahr zehn Tage nach dem Neujahrsfest wird Versöhnung gefeiert, aber nicht einfach so. In den Tagen vor dem Versöhnungsfest gehen die Menschen auf die zu, mit denen sie im Lauf des Jahres Konflikte hatten und die sie verletzt haben. Sie bitten um Vergebung. Eine Nachricht reicht da nicht, es muss schon ein richtiger Kontakt sein. Und dann, am Tag selbst, fasten sie, beten und bitten Gott um Vergebung.
Die meisten Juden feiern diesen Tag, selbst wenn sie sonst nicht religiös sind. Für die Beziehungen ist das wunderbar. Kein Streit, keine Verbitterung dauert länger als ein Jahr, denn am Versöhnungsfest bittet man sich um Vergebung. Einmal im Jahr gehen alle zurück auf Los und fangen noch einmal neu miteinander an. Und im nächsten Jahr auch wieder. Das wache Gewissen wird geschult und die Fähigkeit zu vergeben. Man übt, sich selbst vom Zorn und der Verletzung zu lösen.
Wir brauchen Vergebung. Wir sind so verschieden und bleiben es auch. Da kommt es zu Missverständnissen und schnell fühlt sich jemand verletzt. Das können wir kaum vermeiden. Wie wir damit umgehen, das macht den Unterschied. Ob wir den Groll in uns groß werden lassen oder ob wir mit einer Entschuldigung rechnen. Ob wir das schlechte Gewissen unterdrücken oder losgehen, um uns zu entschuldigen. Das Unversöhnte im Herzen kann das Leben gründlich ruinieren.
Die Juden haben den Jom Kippur. Das Versöhnungsfest macht es einfacher für alle. Wir Christen haben so ein Fest nicht. Aber wir haben Jesus, der für die Versöhnung einstand. Er sagt: Wenn dein Bruder Schuld auf sich geladen hat, dann weise ihn zurecht. Bereut er sein Handeln, dann vergib ihm! Und wenn er dir siebenmal am Tag Unrecht tut und dich immer wieder um Vergebung bittet: Vergib ihm!
Hauke Meinhold, Pfarrer
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