Montag, 18. Oktober 2021, 19:27 Uhr
Kreativ in Uthleben (Foto: Hauke Meinhold)
"Ich habe die Kirche gemalt", sagt Jason. "weil mein Haus direkt daneben steht. Und weil ich sie ja jeden Tag sehe, habe ich sie gemalt." "Was ist denn das Besondere?", fragt Pfarrer Hauke Meinhold und will das Bild näher erklärt bekommen. Jason aber beantwortet eine andere Frage: "Wegen den Bildern und der Geschichte." Und er meint, dass die Bilder in der Kirche und die Geschichte, die sie erzählen, das Besondere sind. Die meisten dieser Bilder erzählen Stationen aus dem Leben Jesu.
Verblüffte Kirchenführer
Begonnen hat alles mit der Idee, in Uthleben ehrenamtlich Kirchenführungen anzubieten. Das Kulturbüro des Rates der EKD nahm Uthleben in das Programm Land:Gut 2021 auf. Ihr Leiter, Klaus-Martin Bresgott, führte den ersten Workshop der Kirchenführerausbildung selbst durch. Er - als Gast - zeigte zehn Ehrenamtlichen zwischen 15 und 65 Jahren ihre eigene Kirche. Alle waren verblüfft, wieviel man neu und oft erstmals wahrnimmt, wenn man darauf zu achten lernt und Begriffe dafür an die Hand bekommt. Klaus-Martin Bresgott, studierter Kunstgeschichtler, fällt das leicht, das spürt man auch, wenn man den Flyer betrachtet, den er zur Uthleber Kirche entworfen hat.
Bei weiteren Terminen mit Pfarrer Hauke Meinhold erarbeiteten die Kirchenführer die dargestellten Bibeltexte und dachten darüber nach, wie man sie in Kirchenführungen einbauen könnte. Am Tag des offenen Denkmals 2021 fanden die ersten vier öffentlichen Kirchenführungen in der Uthleber Kirche statt.
Kunstworkshops
In der letzten Ferienwoche lud die Kirchengemeinde gemeinsam mit der Jugendkunstschule Nordhausen zum Kunstworkshop für Kinder ein. Zehn Kinder hatten einen halben Tag lang Zeit, um Bilder mit Ölfarben in einer Kratz- und Wischtechnik und Basteleien aus Ton zu gestalten. Ideengeber waren die Gemälde in der Kirche.
Der zweite Kunstworkshop Anfang Oktober war eigentlich für Jugendliche und Erwachsene geplant. Aber mehrere von den Kindern nahmen wieder teil, teils gemeinsam mit ihren Eltern. 20 Menschen machten in fröhlicher Atmosphäre miteinander Kunst. Neben den Ölbildern konnte man sich für Fliesen entscheiden, die mit Engoben bemalt wurden, oder für ein Relief, das aus einer Tonplatte herausgeschält wurde. Die meisten Teilnehmer probierten mehr als eine Technik aus. Niemand hatte je vorher so gearbeitet.
Ausstellungseröffnung
Bis zum 22. Oktober werden die Fliesen und Tonplatten gebrannt und die Ölbilder gerahmt und aufgehängt sein. Denn dann wird um 16.00 Uhr die Ausstellung eröffnet mit den Kunstwerken der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen - natürlich in der Kirche, direkt unter den Gemälden, die die Ideen gegeben haben.
Ein Feld der Emporenbrüstung zeigt beispielsweise die Flucht der heiligen Familie nach Ägypten. Josef führt den Esel mit Maria und dem Jesuskind unter zwei Bäumen vor einer hügeligen Landschaft voller Wald. So sieht es um Uthleben auch aus. Die Schulanfängerin Klara hat deshalb einen Wald gemalt. Die heilige Familie sieht man auf ihrem Bild nicht. Ob sie hinter den Bäumen verborgen ist? Dass die beiden Schmetterlinge über den Bäumen als Symbole der Auferstehung gut zu Jesus passen, ist wohl Zufall. "Vielleicht wird sie das irgendwann später erfahren", schmunzelt Pfarrer Meinhold.
Martin Jahn von der Landesarbeitsgemeinschaft der Jugendkunstschulen ist es wichtig, dass die Kinder frei sind, das umzusetzen, was ihnen einfällt. Es gibt kein richtig und kein falsch. "Die Assoziation, die beim Betrachten der Gemälde ausgelöst wird, ist wichtig und wert, gestaltet zu werden", unterstreicht er. Kreativität wird hier gefördert. Am Ende der beiden Workshops ist zu fast jedem Bild aus der Kirche ein "modernes Kunstwerk" entstanden. Der Pfarrer träumt von einem Buch, in dem alles beieinander ist: Die barocken Gemälde, die biblischen Erzählungen, und was das bei den Teilnehmenden ausgelöst hat. "Ob wir so ein Buch wirklich schaffen?", fragt sich Hauke Meinhold. Das kann er nicht beantworten. Aber es wäre ihm jede Minute wert.