Montag, 05. Oktober 2009, 18:18 Uhr
Festmahl zur Wahlqual
Was malt die Sonne in die Gesichter? Ein Lachen. War es doch Spätsommer, der alle Befürchtungen zerstreute. Eingeladen hatten die Mitglieder des Ökumeneausschusses des evangelischen Kirchenkreises. Vor Monaten sagte es wohl Dirk Rzepus in einer der Sitzungen - und fand schnell Zustimmung: Wir sollten doch deutlich machen, dass es die einfachen Dinge sind, die lebenserhaltenden Alltäglichkeiten wie Essen und Trinken, die in allen Religionen (und nicht nur dort) von Beginn an eine große Dankbarkeit bewirkten. Also laden wir doch die Juden und Muslime ein, gemeinsam ein Festmahl zu gestalten…
Wo?
Offen und einladend, also draußen auf der Straße. Die Kurze Meile wurde am 27.September ein gastfreundlicher Ort. Eine lange Tafel war schlicht und doch liebevoll - festlich geschmückt und gedeckt worden. Frisch bereitetes Essen brachten die Gäste mit. So wurden alle auch Gast und Gastgeber zugleich. Erst sah es nach Wenigen aus, dann aber füllte sich die Tafel und die ca.100 (HUNDERT) Plätze reichten am Ende nicht.
Doch vor dem Auswählen aus dem bunten Angebot der Speisen erzählte Pastorin Elisabeth Alpers-von Biela aus der christlichen Tradition und ihrem ganz persönlichen Erleben, wie ein gemeinsames Speisen in der Familie oder Gemeinde beginnen kann: viele konnten den DANKE-Kanon mitsingen, besonders die katholischen, evangelischen oder freikirchlichen Christen. Doch es klang in der schmalen Straße wie eine Einladung, wie Gastfreundschaft pur.
Philipp Egbune sprach von den Wurzeln jüdischer Speisetradition, die besonders im orthodoxen jüdischen Verständnis bis heute durchgetragen werden. Die Bedeutung des koscheren Essens, die Trennung von milchig, fleischig und parwe (älteste Trennkost – Vorschrift), die Gebete des Dankens… eine kurzweilige Einführung.
Dann sprach Muhammad Hussain Khan als Muslim von der großen Ehrfurcht vor dem Schöpfer allen Lebens. Muslime danken, erweisen Allah den nötigen Respekt, wenn entsprechend der Vorgaben des Koran nur halal –gültige Speisen zubereitet werden.
Endlich könnten alle an die gefüllten Töpfe, Schälchen und Schüsseln, um… doch noch etwas Geduld haben zu müssen. Mariams Tanz bezauberte: sacht bewegte sie sich gleich einer aufwachsenden Pflanze vom Boden zu voller Gestalt. Die Schale mit frischem Grün in der Hand wurde Symbol dessen, was ein menschlicher Körper aus Nahrung und Geist entwickeln kann. Tanzfiguren aus orientalischen Traditionen wurden zum anmutigen Dank.
Es dauerte nicht lange, dann wurde getafelt und geschwafelt. Miteinander plaudern beim Essen, voneinander mehr hören als Rezepte, das passte in die sonnige Kurze Meile. Vorüberkommende und –gehende waren erstaunt, freuten sich zumeist an dem Anblick und fragten. Insbesondere eines: Gibt es so etwas wieder einmal? Wenn wir gewusst hätten, dann – also beim nächsten Ma(h)l sind wir dabei. Danke sagen wir allen, die mit halfen, dass Essen und Trinken, Tische und Bänke bereitstanden. Doch ein besonderer Dank an Nina Fomin, die immer einen Blick für die nächsten Verrichtungen und mit wenigen Handgriffen alles gerichtet hatte.
Ein Teil des Wahlsonntages ging vorbei, an dem hier alle das Richtige gewählt hatten: die Gastfreundschaft als Einstieg in die Interkulturelle Woche in Deutschland. Wer so einander begegnet und aufeinander zugeht, der muss keine Ängste vor- oder umeinander haben.
Da passte es schon, dass die Muslime eine Woche zuvor den Fastenmonat Rhamadan festlich beendet hatten, die Juden kurz vor Jom Kippur, dem Versöhnungsfest, standen und wir Christen auf Erntedank zugingen. In allem die Botschaft des demütig – hoffnungsfrohen Dankens: Essen und Trinken – gemeinsam – verhilft zu einem guten Miteinander.
pkube