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Wo ist Gott? - Christusdorn von Gisela Zeh
Sonnabend, 09. April 2022, 18:23 Uhr
Wer in diesen Tagen eine katholische Kirche betritt, dem werden meist in violett verhüllte Kreuze auffallen. Dieser Brauch soll darauf hinweisen, dass Jesus seine Gottheit durch sein Leid verhüllt und sich durch seinen Tod unseren Blicken entzieht. Er bleibt verborgen, bis er zu Ostern aufersteht. Was in der Bibel mit drei Tagen überliefert wurde, kann in unserem Leben auch länger dauern: Gott scheint uns fern! Ein Freund beschrieb seine Gottesferne so: Er könne an einen allmächtigen Gott nicht glauben, der einen Kreuzestod in Kauf nimmt und Naturkatastrophen und Kriege, wie z.B. in der Ukraine, nicht verhindere. ...und komm mir jetzt nicht mit der Freiheit, mit der die Menschen die Wahl haben zwischen Gut und Böse, sagte er.
Ja, es ist schon eine vertrackte Sache, dass der Mensch sich in Freiheit für das Böse entscheiden und die Natur sich ohne Rücksicht auf Menschen gewaltsam Bahn brechen kann. Aber wäre es wirklich erstrebenswert, nur einer höheren Instanz folgen zu müssen? Dann wären wir Menschen wie Marionetten eines Diktators. Erst die Freiheit macht den Menschen zum Menschen. Erst sie gibt uns eine eigene Würde! Gott hat sie uns gegeben, um Gestalter unseres Lebens zu sein. Um dieser Freiheit Willen haben Menschen immer wieder ihr Leben gegeben. Gerade jetzt kämpft eine ganze Nation wieder um sie!
Und dass Naturgesetze nicht durch höhere Macht ausgehebelt werden können, ist nun mal Voraussetzung für unser Leben.
Für mich zeigt sich Gottes Allmacht in einem größeren Zusammenhang. So sehr das Böse sich in seiner Mächtigkeit gerade heute wieder zeigt, so wenig hat es das Gute in der Welt bis heute besiegt. In der Bibel wird uns diese Allmacht zugesichert: Und das Licht [Gott] leuchtet in der Finsternis [das Böse] und die Finsternis wird es nicht ergreifen. Selbst vom finsteren Tod glauben wir Christen, dass er von Gottes Licht überwunden wird.
Gisela Zeh
Domgemeinde
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