Meldung
22 ist nicht 89 - aufrüttelnder Christusdorn von Wolf-Johannes von Biela
Sonntag, 13. November 2022, 03:12 Uhr
22 ist nicht 89. Wir leben in keiner Diktatur. - vielleicht braucht es diese einfache Erinnerung auch an Nordhäuser Kirchen wie St.Blasii. In Leipzig oder Berlin hängen bereits solche Banner an Kirchen, an denen die Montagsdemonstrierenden vorbeiziehen. Das soll verhindern, dass heutige Gruppierungen die friedlichen Demonstrationen von damals für ihre eigenen Ziele vereinnahmen.
Auch über die Nordhäuser Demos stand zu lesen, dass Teilnehmende sich durch die gegenwärtige Situation an die DDR und den Herbst 1989 erinnert fühlen. Und immer wieder ist der damalige Ruf Wir sind das Volk! zu hören.
Wenn wir jetzt im November in den Kirchen und darüber hinaus wieder an die Revolution mit Kerzen vor 33 Jahren denken, braucht es offenbar ein klares Wort gegen die Verharmlosung: 2022 ist nicht 1989! Denn wir leben in keiner Diktatur!
Wer meint, es gäbe heute keine Freiheit, hat vergessen, was wirkliche Unfreiheit bedeutet. Die Demonstrierenden 2022 brauchen nicht zu fürchten, dass sie verhaftet werden. Das war 1989 anders. Niemand wusste, was passieren würde. In vielen Ländern der Erde ist es im Jahr 2022 tatsächlich lebensgefährlich, Kritik an der Regierung zu äußern und Veränderungen einzufordern. Demokratie ist nicht selbstverständlich. Wir müssen sie täglich neu aushandeln und gestalten, meinetwegen auch mit Spaziergängen oder Demonstrationen.
Aber 700 Südharzer sind nicht das Volk.
Und für Leipzig, Berlin und Nordhausen gilt: 22 ist nicht 89. Wir leben in keiner Diktatur.
Gott sei Dank.
Wolf-Johannes von Biela,
Pfarrer an St. Blasii, Nordhausen
zum Überblick