Sonntag, 08. Januar 2023, 16:27 Uhr
Die drei Vorsitzenden der Gemeindekirchenräte des Pfarrbereichs Wipperdorf (Foto: R. Englert)
(re) Dränglern, Nervensägen und Topfdeckelhebern dankt Pfarrerin Dorothea Heizmann in ihrem Verabschiedungsgottesdienst am Sonntag in Nohra ganz besonders. Die einen brachten den Pfarrbereich voran, indem sie mit ihren Wünschen voranpreschten, die anderen traten ihre Gemeinde immer mal in den Hintern und die Dritten hoben den Deckel, wenn zu viel Dampf auf dem Kessel war, erklärt sie. Bei diesen Worten schmunzelt die Gemeinde, so kennt sie ihre Pfarrerin und wie sehr sie sie schätzt, zeigen die Tränen später am Tag. Dorothea Heizmann war 12 Jahre im Pfarrbereich Wipperdorf tätig, nun führt sie ihr Weg nach Leinefelde. Vielleicht sei es nur ein Abschied aus dem Kirchenkreis auf Zeit, blickt Superintendent Andreas Schwarze voraus: Verlaufen die Fusionsgespräche positiv, tun wir 2027 wieder in einem Kirchenkreis Dienst.
Die Predigt zum Abschied – klare Worte an die Gemeinden
In ihrer Predigt zieht Dorothea Heizmann immer wieder Vergleiche zwischen der Geschichte um die 3 Weisen und ihrer eigenen Zeit im Pfarrbereich Wipperdorf.
Sie fragt: "Warum sehen wir die 3 Weisen eigentlich immer als Männer? Ist der große Auftritt eben typisch Mann? Sind große Rollen Männern vorbehalten?" In ihrem Pfarrbereich brauche es jedenfalls keine Frauenquote – von 23 GKR-Mitgliedern seien 3 Männer. Und ihr macht das gut, liebe Frauen!, ruft sie den Aktiven zu. Dank sagt sie ihnen, die neben Beruf, Familie und anderen Interessen immer noch Zeit gefunden hätten, sich in der Gemeinde einzubringen.
Ihr Dank gilt auch denen, die sich in der Arbeit mit Kindern und Älteren eingebracht haben. Angebote für Kinder laufen seit anderthalb Jahren wieder, erzählt sie und freut sich darüber. In den kirchlichen Gruppen sähen viele mehr, als nur einen Freundeskreis, sie gäben Halt, Trost und spendeten Mut. Altersbedingt löse jedoch sich manche Gruppe der Älteren auf oder komme von der Reichweite her an eine Größe, die schwer zu handhaben sei.
Miteinander
Das gewachsene Miteinander stellt sie in den Fokus – Osternacht, Erntedank, Kreuzweg, Ehrenamtsdank und anderes mehr, daran erinnere sie sich gern. Doch sie sieht das Miteinander gefährdet, wenn das Beharren auf den eigenen Kirchturm die Oberhand gewinnt. Jede Gemeinde habe ihr eigenes Potenzial, jede sei einmal dran gewesen. Das Gemeinsame sei ein Schatz, der noch nicht vollends gehoben sei, gibt sie den Gemeinden mit auf den Weg.
Gefahren
Eine Gefahr berge auch das Zwischenmenschliche. Man müsse manchmal die Kuschelatmosphäre aufgeben, um Neue und Neues aufzunehmen, sich von Liebgewonnenem verabschieden. Nur, wenn man einladende Offenheit ausstrahle, könne man Menschen begeistern hinzuzukommen.
Gefährlich empfindet sie auch den übermäßigen Gebrauch von Technik. Gerade in der Pandemiezeit habe sich gezeigt, dass wir mit den Social Media Menschen ausschließen oder vergessen einzuladen.
Armut & Geschenke
Die Weisen habe die Armut, die sie an der Krippe erwartet habe, nicht erschreckt. So ging es auch den Gemeinden, die königlichen Geschenke haben sie selbst mitgebracht, wie die Weisen auch. Gute Gemeinschaft und besondere Momente habe man immer wieder auch in nur kleiner Runde erlebt. Alle, die dabei gewesen seien, seien beglückt nach Hause gegangen.
Nun folgten die Drängler, Nervensägen und Topfdeckelheber, vom Anfang.
Sie wünscht ihren Gemeinden zum Abschluss, dass sie Kraft schöpfen an der Krippe im Angesicht des Kindes. Der Morgenstern leuchtet den Weg.
Lichter für den Weg vom Superintendenten (Foto: R. Englert)
Musik & Ausrüstung
Den Gottesdienst hat der Posaunenchor Niedergebra und der Singkreis Kehmstedt musikalisch gestaltet. Superintendent Andreas Schwarze überreichte Dorothea Heizmann eine Outdoor-Box mit Taschen- und Stirnlampe, Karabinerhaken sowie einer Trillerpfeife. Seine Worte dazu: Für Ihren Weg nach Leinefelde möchte ich Ihnen etwas Ausrüstung mit auf den Weg geben. Weil es an Licht nie fehlen darf, bekommen Sie das Licht gleich in zweifacher Ausfertigung mit auf den Weg. Einmal zur punktgenauen Beleuchtung und zum Auffinden der nötigen Details, aber auch geeignet, eine ganze Fläche, einen Raum zu erhellen. Damit sie dann aber die Hände frei haben könne, findet sich das Licht in dieser Outdoor-Ausrüstung auch als Stirnlampe. So können Sie im Licht mit freien Händen agieren. Eine Trillerpfeife hilft womöglich für das Zusammenhalten der neuen Herde und ein Karabiner lässt sich festmachen an dem, was Hilfe und Stütze ist.
Umzug in den Festsaal
Nach dem Segen für die Pfarrerin und dem gemeinsamen Abendmahl geht es in den Festsaal von Nohra. Die bereitgestellten Tische und Stühle reichen nicht, es muss nachgelegt werden, so viele sind mitgekommen. Um die Versorgung muss man sich dennoch keine Sorgen machen, die Tische biegen sich vor Köstlichkeiten.
Dank auch von den Konfirmandinnen (Foto: R. Englert)
Dank
Hier ist nun auch Zeit für Gruß- und Dankesworte. Die drei Vorsitzenden – Ruth Stamm (7-Kirchen-Wipperdorf), Petra Seipelt-Bösenberg (Wolkramshausen-Wernrode) und Heike Wilke (Kleinfurra-Hain) machen gemeinsam den Anfang.
Petra Seipelt-Bösenberg bittet ihre Seelsorgerin zum Abschied: Lassen Sie sich nicht verbiegen, bleiben Sie, wie Sie sind! Bei diesen Worten rollen erste Tränen im Festsaal, nicht nur bei der Vorsitzenden. Erst 2016 sind ihre Gemeinden Wolkramshausen-Wernrode sowie Kleinfurra-Hain dem Pfarrbereich zugeordnet worden. Dass man es Dorothea Heizmann nicht immer leicht gemacht habe, sind sich die Vorsitzenden einig. Seipelt-Bösenberg nennt ihre Gemeinden zu Beginn der Zusammenarbeit bockig und Wilke spricht von Ehepartnern, die sich zusammenfinden mussten, schließlich seien sie die Angeheirateten. Doch Heizmanns klar strukturierte, offene und bestimmende Art habe letztlich alles zusammengefügt, da herrscht Einigkeit.
Blick in die Zukunft
Die dritte Vorsitzende im Bunde, Ruth Stamm, vom Kirchgemeindeverband Sieben-Kirchen-Wipperdorf, erzählt vom gemeinsam Erreichten und macht den Gemeinden Mut. Jeder Abschied sei auch ein Neubeginn, auch wenn man noch nicht genau wisse, wie der aussehe. Auf jeden Fall wollen die drei Vorsitzenden zusammenarbeiten. Bis zum 1. Februar haben sie das Gemeindeleben bereits geplant. Alles Weitere müsse man den Aushängen entnehmen, wünscht sich Ruth Stamm. Der Superintendent betont, dass man die Vakanzsituation im Blick habe. Er selbst, Lektoren und andere Pfarrer stünden bereit. In der Region ist derzeit neben Wipperdorf auch Bleicherode mit Vertretungen zu bedenken. Für diese Gesamtsituation liegen Ideen auf dem Tisch, erklärt er. Wie die Dienste genau zugeordnet werden, wird in der nächsten Kreiskirchenratssitzung Mitte des Monats beschlossen.
Regina Englert