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Am Meeresgrund - Christusdorn von A. Büntzel
Sonntag, 25. Juni 2023, 04:36 Uhr
Im letzten Jahr habe ich meinen Bootsführerschein gemacht und fahre fast jede Woche zum See in der Nähe, um für zwei Stunden zu segeln. Ich genieße das sehr, denn auf dem Wasser komme ich zur Ruhe und bin ganz in der Natur.
Diese Woche hatte ich einen Kloß im Hals, als ich ins Boot stieg. Die Nachrichten klingen nach, die Meere sind ein Massengrab. 14. Juni: Nachdem die Andrianna sank, starben mindestens 82 Menschen, über 500 werden vermisst. 20. Juni: Eine schwangere Frau starb im Schlauchboot auf dem Weg zu den Kanaren. 21. Juni: Zwei Tote vor der marokkanischen Küste, 35 weitere werden vermisst. Auch sie wollten auf die Kanaren. Im laufenden Jahr schätzen die UN, dass bereits 1.159 Menschen im Mittelmeer ertrunken sind oder noch vermisst werden. Seit 2014 mehr als 20.000 Tote. Diese Woche hatte ich einen Kloß im Hals, als ich ins Boot stieg.
»Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.« (Micha 7, 19) Das Michabuch hat jedes Unheil des Alten Israels, Vernichtung, Deportation, Flucht miterlebt, verarbeitet und kommt zu diesem Schluss. Gott will eine andere Welt. Eine Welt, in der nicht Leichen auf den Meeren treiben, sondern die Fluchtursachen, unsere Fehlentscheidungen und Schuld endgültig im tiefsten Meer versenkt werden. Das macht die Nachrichten nicht erträglicher, aber es hält mir eine Welt vor Augen, für die es sich wieder zu streiten lohnt.
Arvid Büntzel, Theologiestudent
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