Welcher Weg ist der richtige?

Ich stehe im Wald und lese die Schilder. Der Höhenwanderweg lockt mit einer schönen Aussicht, ist aber mühsam und dauert mindestens drei Stunden. Der Weg durch das Tal ist auch schön und in einer Stunde könnte ich am Ziel sein, um gemütlich Tee zu trinken. Das ist keine wirklich wichtige oder lebensentscheidende Situation. Trotzdem: Immer muss man sich entscheiden, ständig bietet das Leben Kreuzungen an. Oft stellt sich die Frage: Welcher Weg ist der richtige? Der Höhenweg oder der durchs Tal? Obwohl ich weiß: Der einfache Weg ist nicht immer der bessere. Isaak, jener Mann aus dem alten Testament, muss sich entscheiden. Der Sohn Abrahams besaß eine große Schafherde. Seine Nachbarn meinten es nicht gut mit ihm und schütteten den Brunnen zu. Was sollte er machen? Ohne Wasser hatte er keine Chance. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als mit seiner Herde an einen anderen Ort zu ziehen. Da grub er und fand Wasser für seine Tiere. Auch dort gab es Menschen, die mit ihm zanken wollten. Er blieb ruhig, nannte den Ort „Zank“ und zog weiter. Er grub wieder einen Brunnen, wieder kamen Menschen und stritten mit ihm. Er nannte den Ort „Streit“ und ging weiter. Er kam an einen Platz, an dem er in Ruhe leben konnte. Es gab genug Wasser und keine Feinde. Isaak nannte die Stätte „Weiter Raum“. Für diesen Ort ist Isaak einen weiten Weg gegangen. Wie soll ich wissen, welcher Weg für mich der richtige ist? Da ist eine Stimme, die sagt: Geh einfach los, entscheide dich. Meide Zank und Streit, such den weiten Raum. Du wirst deinen Weg finden. Gott hat dir versprochen: Ich bin bei dir auf allen Wegen. An diesem Urlaubstag gehe ich nicht den mühsamen Höhenweg. Ich entscheide mich heute für den leichten Weg. Bald darauf sitze ich im Café und gönne mir ein Stück Apfelstrudel. Spätestens da wird mir klar: Heute habe ich richtig entschieden.
Tilly Pape, Blasiigemeinde, Nordhausen