Freitag, 10. November 2023, 07:06 Uhr
Pogromgedenken in Bleicherode 2023 (Foto: Regina Englert)
(re) Bleicherode - 9. November 2023.
"Die Kirche war zu diesem Gedenken wohl noch nie so voll", begrüßt Dr. Christoph Maletz die Teilnehmenden zu Beginn der Veranstaltung in der Bleicheröder St.-Marien-Kirche bewegt. Er sei froh, dass dieses Gedenken seit Jahrzehnten ohne Unterbrechung in Bleicherode stattfinde. Maletz erzählt, wie es in der Stadt vor 85 Jahren ausgesehen haben muss. Erzählt vom gesellschaftlichen Leben in Bleicherode, aber auch von Deportation, Tod und Auswanderung. Später erinnert er an die Worte von Pfarrer Michael Blaszcyk im letzten Jahr: Wenn wir eine einzige Schweigeminute für jedes Opfer des Nationalsozialismus einlegten, dann müssten wir 12 Jahre schweigen.
Das Gedenken in St. Marien wird in ökumenischer Gemeinschaft begangen. Pastor Knopp legt den Anwesenden mit seiner Predigt ins Herz: "Ich mag dich. Ich gönne dir!" Mit diesen Sätzen entlässt er die Teilnehmenden nachdenklich zum Schweigemarsch Richtung Standort der ehemaligen Synagoge. 1882 geweiht, fiel sie am 9. November 1938 den Flammen des Pogroms zum Opfer. Am Gedenkstein an der Obergebraer Straße bittet Bürgermeister Frank Rostek an diesem Abend, die Anwesenden zusammenzustehen. Nur andeutungsweise lässt er aufblitzen, welche Mails ihn in letzter Zeit erreicht haben. Anlass ist die Unterbringung von 35 syrischen Flüchtlingen in der Stadt und die hochschnellenden Reaktionen. Sein Resümee: "Das, was wir bislang für die Demokratie getan haben, reicht jetzt nicht mehr! Das merken wir alle tagtäglich."
Pogromgedenken in Bleicherode 2023 (Foto: Regina Englert)