Ich sehe Sterne...Christusdorn von Antje Müller

(re) Jeden Morgen, wenn ich noch im Dunkeln meine kleine Stadt im Harz verlasse, leuchten sie wieder in den Fenstern, die Herrnhuter Sterne, als wollten sie mir jetzt im Advent den Weg zeigen. Sind sie nur Deko? Oder verbirgt sich dahinter der tiefe Wunsch nach der guten alten Zeit, nach Frieden und Harmonie, nach Licht und Wärme. In einer Zeit, in der Krieg, Leid und Not ganz nah sind, in der die Existenzangst in die Menschen kriecht, wünschen sich nicht wenige die gute alte Zeit zurück. Frieden belegt Platz 1 auf der Wunschliste.
Der Wochenspruch für die kommende Woche lautet: “Steht auf und erhebt Eure Häupter, weil sich Eure Erlösung naht.“ Lk 21, 28. Also heißt es Kopf hoch, sich aufrichten, nach oben sehen. In der Kirche oder in unserer Kapelle sehe ich dann das Licht durch unsere bunten Fenster scheinen. Dabei kommt mir der Spruch in den Sinn: „Nach den Sternen greifen“. Eigentlich heißt das, Unmögliches zu versuchen, von dem jeder sagen würde: „Das geht eh nicht, spar dir die Kraft!“ Glauben und Vertrauen auf Gott und mit dem Unmöglichen zu rechnen, nicht aufzugeben, egal was andere sagen, heißt „nach den Sternen zu greifen“. Das ist der Anfang der Erlösung. Dann kommen sie, die Krippe und der Stern, Erinnerung und Ausblick auf die Ankunft Gottes in einem Kind. Es ist verletzlich und klein, leicht zu übersehen, am Rande der Weltgeschichte, da wo niemand hinschaut. Glaube, auf Gott zu vertrauen, heißt das Kleine zu sehen, in kleinen Momenten das Wunderbare zu entdecken, den Wegöffner zu erkennen. Noch ist sie nicht da die Erlösung, aber noch ist auch nicht Weihnachten. Wir haben noch Zeit, wir können nach den Sternen greifen und unseren Blick schulen für die kleinen Dinge. Sterne sind ein Zeichen der Nähe Gottes zu uns Menschen. Ihr Leuchten schenkt uns Trost und Hoffnung. Einen gesegneten zweiten Advent wünscht Ihnen
Antje Müller, Diakonin und Leiterin des St.-Marien-Hospitals