Heute, wegen gestern geöffnet - Christusdorn von Pfr.in S. Wegner

(re) Jesus lebt, mit ihm auch ich (EG 115)
Es ist die Widersetzlichkeit des Glaubens, so etwas schon für das Heute und Hier zu behaupten. Das Wesentliche des kommenden kirchlichen Sonntages ist sein Protest gegen den Tod. „Er wird den Tod verschlingen auf ewig“ (Jes.25,8) kündet der Prophet. „Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen“ (2. Tim.1,10) jubeln die Christen mit den alten Auferstehungsliedern. Sie glauben gegen den schwer wegschiebbaren Einwand an, dass ja immer noch gestorben wird, dass immer noch Blut und Tränen fließen, Krieg herrscht, Gewaltmechanismen sich wiederholen, die Saat von Angst, Selbsterhöhung und Hass aufgeht und Menschen in die Komfortzone der vermeintlich Besserdastehenden treibt, um mit dem
Finger auf die Anderen zu zeigen, wo es wiederum selten dabeibleibt.
Aber was macht dieser Glaube mit mir? Zum einen, dass ich mir selber nicht Mittelpunkt bleibe. Da ich so einen großen Wert vor Gott habe, dass er mich dem Tode nicht preisgibt, muss ich mich nicht selber aufwerten, indem ich andere heruntermache. Ich darf mich in die alten Geschichten von Schuld und Sünde, Sühne und Verheißung hineinlesen, darf den Graben der historischen Distanz überspringen und mich bekehren.
Ob ich vor diesem sonntäglichen Hintergrund etwas zur OB-Wahl sage? Ich mag es nicht, wenn Pfarrer Wahlempfehlungen geben. Was mich ermutigt und Sie vielleicht motiviert: Sie haben die Wahl! Eine große Errungenschaft. Und so viel Empfehlung vielleicht dann doch: bezüglich aller großen Anforderungen und Herausforderungen, die wir in aller Klarheit angehen sollten, wählen sie doch so, dass es morgen heißt: „Heute, wegen gestern geöffnet!“
Sabine Wegner, Pfarrerin Liebenrode