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Ansprache zum Fest der Demokratie in Nordhausen - Sup. A. Schwarze

Sonnabend, 23. September 2023, 19:16 Uhr
(re) 23.09.2023
Liebe Nordhäuserinnen und Nordhäuser,
liebe Gäste, liebe Hoffnungsbotinnen und Hoffnungsboten,
wir teilen miteinander die Sorge um die Zukunft unserer Stadt Nordhausen und das gesellschaftliche Klima im Umgang miteinander. Das Fest heute ist ein Hoffnungsfest und alle, die es besuchen, sind Hoffnungsbotinnen und Hoffnungsboten. Wir brauchen ein solches Fest und das Miteinander nicht nur am Vortag der morgigen Stichwahl.
Wir brauchen jeden Tag ein Miteinander, das von Vertrauen, gegenseitigem Respekt und vor allem der unverrückbaren Grundlage geprägt ist, dass allen Menschen gleiche Würde eigen ist. Unsere beiden Regionalbischöfe Frau Dr. Friederike Spengler und Tobias Schüfer – ich grüße von den beiden – haben sich schon zum Wahlsonntag vor zwei Wochen mit den Worten an die Öffentlichkeit gewandt: „Für uns als Christen ist unaufgebbar, dass ausnahmslos alle Menschen die gleiche Würde haben. Daraus folgt der Einsatz für die Schwächeren, für Weltoffenheit statt Nationalismus, für Menschlichkeit statt Fremdenhass. Wer sich vom Hass gegen Ausländer, gegen Juden und Muslime, wer sich von Neonazitum nicht distanziert, sollte nicht in ein verantwortliches Amt gewählt werden.“
Nichts rechtfertigt die Wahl eines AfD-Oberbürgermeisters

Nichts rechtfertigt die Wahl eines AfD-Oberbürgermeisters. Und doch werden wir Wege finden müssen, wie wir mit der anhaltenden Erschütterung unserer Grundwerte umgehen können und was wir zur Stabilität eines gesellschaftlichen Miteinanders einzubringen haben.
In solchen Zeiten wie diesen hilft es mir, in Biografien zu lesen und einen aufmerksamen Blick in die Geschichte zu werfen. In diesen Tagen sind es vor allem Worte und Gedanken von Dietrich Bonhoeffer. Er fragt danach, wie politisch Kirche sein darf in der dunklen und erschreckenden Zeit des Nationalsozialismus. Immer wieder entdecke ich in seinen Texten, dass wir uns nicht raushalten dürfen und nicht raushalten können. In seiner Friedensrede von Fanö spricht er ganz klar vom Frieden in der Welt und davon, dass einer alleine ihn nicht machen kann. Es braucht uns und unser Miteinander als Hoffnungsbotinnen und Hoffnungsboten. Wir sollen und wir dürfen nicht aufhören, genau dieses zu sein. Wir können und dürfen die Deutungshoheit unserer gesellschaftlichen Werte nicht denen überlassen, die sie infrage stellen oder gar in ihr Gegenteil verkehren.
Sind wir noch brauchbar!?

Ende 1942 schrieb Dietrich Bonhoeffer unter der Überschrift „Sind wir noch brauchbar“ folgenden Text (ich zitiere in Auszügen):
„Wir sind stumme Zeugen böser Taten gewesen, wir sind mit vielen Wassern gewaschen…wir sind durch Erfahrung misstrauisch gegen die Menschen geworden…wir sind durch unerträgliche Konflikte mürbe oder vielleicht sogar zynisch geworden – sind wir noch brauchbar?“ [für einen farbenfrohen Neustart, für eine vielfältig-bunte Gesellschaft, für einen gemeinsamen Lebensraum]
„Nicht Genies, nicht Zyniker, nicht Menschenverächter, nicht raffinierte Taktiker, sondern schlichte, einfache, gerade Menschen werden wir brauchen.“
So wie wir sind, sind wir genau richtig für ein farbenfrohes und vielfältiges Miteinander, in dem das Blau wieder die Farbe eines Himmels ist, der für Hoffnung und Zukunft für alle steht.

Ich will mich nicht lähmen lassen

Liebe Hoffnungsbotinnen, liebe Hoffnungsboten,
in den letzten Tagen haben sich viele zu Wort gemeldet und ihre Sorge für Nordhausen zum Ausdruck gebracht.
Ich teile alle diese Sorgen und ich bin dankbar für das breite Nordhäuser Bündnis. Die Gefahr sehe ich darin, dass uns die Sorgen nun lähmen. Doch das genau will ich nicht! Ich will mich nicht lähmen lassen. Ich will Hoffnung teilen!
Eine berechtigte Hoffnung darauf, dass wir selbst mit diesem Fest und im täglichen gesellschaftlichen Diskurs einstehen für einen Lebensraum ohne Fremdenhass und Rassismus, einen Lebensraum für Menschen gleicher Würde. Genährt wird diese gute Hoffnung durch euch alle, die ihr als Hoffnungsbotinnen und Hoffnungsboten heute hier seid und auch am Montag und alle kommenden Tage nicht aufhören werdet, schlichte, einfache und gerade Menschen zu sein. Ein Einzelner vermag es nicht.
Gemeinsam wird es uns gelingen: morgen und in der kommenden Zeit.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Andreas Schwarze, Superintendent
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