Der Glaube auf dem Bierdeckel - Christusdorn von G. Zeh

(re) Neulich war ich mit ein paar netten Leuten unterwegs. Als es am Kaffeetisch auf das Thema Religion und Kirche zu sprechen kam, hörte ich den altbekannten Vorwurf: Wie kann man an einen Gott glauben, der Krieg und Gewalt in der Welt zulässt?

Ich versuchte zu erklären, dass Gott den Menschen mit der Freiheit ausgestattet hat, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Sonst wären wir ja nur Marionetten zur Ausführung von Gottes (gutem) Willen. Schon beim Aussprechen dieses Gedankens hatte ich das Gefühl, die Leute nicht so richtig erreicht zu haben. Wie konnte ich meinen Gottesglauben etwas weniger kompliziert erklären? Viel später fiel mir das Wort von unserem Pfarrer aus seiner Predigt ein, dass doch unser Glaube sehr einfach wäre. So einfach, dass man ihn auf einen Bierdeckel schreiben könnte, in Anlehnung an die Aussage eines Politikers, der für Steuererklärungen warb, die auf einen Bierdeckel passen müssten. Ja, und unser Glaube passt tatsächlich auf einen Bierdeckel, ich habe es ausprobiert: „Liebe Gott und Deinen Nächsten wie dich selbst.“ So schlagfertig war ich aber bei diesem Gespräch am Kaffeetisch leider nicht. Aus dem Bauchgefühl heraus sagte ich es anders. Nämlich, dass es das wichtigste sei, wenn wir anständig und friedlich leben würden und jeder von uns hier am Tisch sich doch auch darum bemühte. Und wenn alle Menschen das zu ihrer eigenen Richtschnur machen würden, dann würde sich auch die Frage nach Krieg und Gewalt erledigen.

Na ja, damit war dieses große Thema eigentlich noch nicht richtig abgeräumt. Schließlich haben sich Generationen von Theologen und Philosophen daran abgearbeitet. Aber ich erntete für diese kurze Antwort zumindest keinen Widerspruch. - Und dass meine Gesprächspartner mit ihrer Lebensweise ja auch tatsächlich Gottes Willen erfüllen würden, ihn letztlich unwissentlich liebten, das bleibt mein ganz persönlicher Bierdeckelglaube.


Gisela Zeh
kath. Domgemeinde