Sonntag, 25. Juli 2010, 10:09 Uhr
Seit vielen Jahren nehmen Kinder mit Behinderungen am Handwerkercamp teil. Wir sprechen mit den beiden Integrationsbeauftragten des Handwerkercamps, Katrin Eisfeld und Elisabeth Krieger.
Wie ist die Idee entstanden, Kinder mit besonderem Betreuungsbedarf mit ins Camp zu nehmen?
Diese Möglichkeit wurde schon über einen längeren Zeitraum diskutiert. 2004 gab Ulrike Tuschy schließlich den Anstoß, da in diesem Jahr Margarete Steiff das Thema des Handwerkercamps war. Margarete Steiff war von Kind auf den Rollstuhl angewiesen. Trotz ihrer Behinderung hat sie Beeindruckendes geleistet und die weltbekannte Spielwarenfabrik Steiff gegründet. Außerdem war sie sozial sehr engagiert.
In jenem Jahr fuhr also erstmalig eine Klasse der Förderschule St. Martin mit ins Handwerkercamp. Die Kinder waren mit ihren Betreuern separat untergebracht und nahmen an vielen Programmpunkten teil.
Wie sieht die Integration der Kinder heute aus?
Über die Jahre gab es eine deutliche Entwicklung hin zu mehr Integration. In diesem Jahr sind 7 Kinder verschiedenen Alters mit im Camp. Jedes Kind ist in einer anderen Zeltgruppe integriert und wird von einem zusätzlichen Integrationshelfer begleitet. Es werden also mehr Helfer als früher benötigt. Dafür können sich die Kinder an allen Aktionen beteiligen und sind in den Gruppen und im Camp-Leben voll eingebunden. Die Kinder erleben hier eine gesellschaftliche Teilhabe, die ihnen im Alltag oft nicht möglich ist. Über die Jahre ist es immer selbstverständlicher geworden, jedes Kind mit seinen Besonderheiten zu akzeptieren. Das gelingt sowohl den Kinder als auch den Mitarbeitern immer besser.
HWC (Foto: HWC 2010)
Kann jedes Kind integriert werden?
Das ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Christian zum Beispiel ist das zweite Jahr mit und kennt sich inzwischen sehr gut im Camp aus. Er ist immer zwischen den anderen Kindern zu finden, fühlt sich wohl und ist voll akzeptiert. Nur bei schwierigen handwerklichen Aktivitäten braucht er noch Unterstützung. Bei ihm ist es sogar denkbar, dass er im nächsten Jahr ohne Einzelbetreuung zurechtkommt. Angelina ist schon das vierte Jahr mit und wird nun mit anderen 12-jähringen verabschiedet. Für sie ist das Camp zu einem festen Bestandteil im Jahr geworden.
Wir freuen uns, dass die Integration bei vielen Kindern erstaunlich gut gelingt. Es gibt aber auch Kinder, die mehr Hilfe benötigen und die sich daher nicht komplett in die Gruppen integrieren lassen. Dennoch nehmen sowohl die Gruppen als auch die Kinder eine Menge davon mit.
Was ist entscheidend für eine erfolgreiche Integration?
Grundvorrausetzung ist, dass die Kinder in der Lage sind, alltägliche Aufgaben selbstständig zu bewältigen. Um entscheiden zu können, ob die Kinder dem Campleben gewachsen sind, ist es wichtig, dass uns die Kinder mit ihren individuellen Besonderheiten vorher bekannt sind. Deshalb beraten wir uns im Vorfeld mit den entsprechenden Bezugspersonen.
Welche Auswirkungen hat die Integration auf die anderen Kinder?
Die Kinder lernen, dass jeder seine Besonderheiten haben darf und gerade dadurch das Leben im Camp vielfältig gestaltet werden kann. Wir merken, dass die Jungen und Mädchen mit der Zeit für die Besonderheiten aller Kinder sensibler und toleranter werden.
HWC (Foto: HWC 2010)
Wer sind die Integrationshelfer?
Es sind Jugendliche und einige Erwachsene, die die Einzelbetreuung übernehmen. Manche von ihnen haben schon Erfahrung. Wir kümmern uns um die Organisation, bereiten die Integrationshelfer auf ihre Aufgabe vor und betreuen selbst Kinder. Bei Schwierigkeiten und Fragen sind wir vor Ort. Wir alle arbeiten hier ehrenamtlich.
Was ist das Fazit nach so vielen Jahren?
Das Handwerkercamp ist ein besonderes Beispiel von gelungener Integration. Im Freizeitbereich gibt es für behinderte Kinder sonst kaum Möglichkeiten von integrativen Angeboten. Das motiviert uns, trotz des erheblichen Aufwands, jedes Jahr wieder mitzufahren.